08 – Schweizer Alpen Tour 2020

8. Juni bis 14. September 2020

Nach dem Corona-Lockdown gilt es immer noch, Risiken und Nebenwirkungen einer Reise abzuwägen. Wir fragen nicht unseren Apotheker und nehmen einfach Stefans Reiseplanung zur Hand. Diese umfasst mehrere Excel-Sheets und von einer Planungsunsicherheit ist beim Randulinas Team nichts zu spüren.

Statt im April Richtung Fernost abzureisen, sitzen wir daheim gemütlich den Lockdown ab und schieben die Reisevorbereitungen in die oberste Schreibtischschublade. Am einfachsten ist es, nochmals zurück auf Feld 1 zu ziehen und unsere letztjährige, etwas zu kurz geratene, Schweizertour fortzusetzen. Wieder gilt es, weniger Gipfel, mehr Bergseen zum Schwimmen zu finden. Was einige von euch sicher mit leichtem Schaudern wahrnehmen. Mittlerweile ist es fast zu einer Manie geworden. In jedem Rucksack befinden sich Badehosen und Badetuch. Die täglichen Schwimmzüge im kalten Wasser halten uns fit und ermöglichen uns, immer wohlig erfrischt bei unseren zahlreichen Freunden aufzukreuzen. Auch frischer Kleiderduft lässt sich leicht bewerkstelligen: Besonders ruppige Strassen werden sofort zu Waschstrassen umfunktioniert, nach dem Motto, lieber die Trommel auf dem Dach und das Waschbrett als integrierter Bestandteil des Fahrers. Nach dem Wandern müssen wir aber auch übernachten und das ist doch ab und zu eine Herausforderung, da ich Campingplätze fürchte wie der Teufel das Weihwasser. Das Tor zum absoluten Campingfrieden liegt denn auch eindeutig beim Übernachtungsplatz. Die Ansprüche sind den Adjektiven eines Immobilienmaklers nicht unähnlich: lichtdurchflutet, grosser Garten mit Cheminée, unverbaubare Aussichtslage mit See- oder Bergsicht, ruhig. All das können wir uns fast täglich leisten – auf Alpen und Waldlichtungen, an Stauseen und Alpenpässen – meist verbunden mit guten Gesprächen mit Fischern, Förstern, Älplern und Käsern. Frischmilch, Ziger, Alpkäse und Eingemachtes, Salsize und Trockenfleisch, unsere Alpen sind ein wahres Schlaraffenland. Denn wenn wir schon so wildwütig übernachten, entrichten wir unseren Obolus indem wir vor Ort, direkt beim Produzenten, einkaufen. Nebst Wein, Absinth und Damassine ist uns eines Abends am Oberaarsee eine ganz grossartige Entdeckung bei anderen Wildcampern gegönnt: Gin, Fibonacci n-1 von Larix und Achillea. Wir dürfen am intensiven Geschmackserlebnis teilhaben. Die beiden Jungunternehmer sammeln auf ihren Streifzügen Wildkräuter, die sie zu wunderbaren (G)interpretationen verarbeiten, während wir uns beim Wandern ein fotografisches Herbarium anlegen.

Natürlich bietet die Schweiz nicht nur Seen, Berge und beschwerliche Wanderungen, wir entdecken noch andere interessante Seiten unserer Heimat. Wisst ihr, dass die Trottoirs von Rio, Paris, New York und weiteren Weltstädten mit Asphalt aus dem Schweizer Jura geteert wurden oder dass sich der grösste bekannte unterirdische See Europas unter den Walliser Weinbergen befindet? Und sehr beschämend, dass Anna Göldi in Glarus der letzte legale Hexenprozess mit Hinrichtung gemacht wurde? Im Hänggiturm in Glarus sind wir nach dem Lockdown die ersten Besucher und werden freundlich mit frischem Espresso begrüsst. Unsere Badeferien durch die Schweiz werden also auch zu einer kleinen kulturellen Reise, wir picken uns die Rosinen heraus und versuchen, in jeder Gegend das Typische zu finden. Manchmal findet sich das Aussergewöhnliche auch auf gewöhnliche Art, beim Bezahlen mit einer 100er-Note. Schaut sie einmal genau an und entdeckt die Bisse d‘Ayent auf einem unserer Bilder. Das absolut höchste Abenteuer erleben wir mit unserem Sohn, Stefans bestem Freund sowie dessen Sohn – die Besteigung des 4’153m hohen Bishorns. Eine traumhafte Abendstimmung und eine Panoramasicht am nächsten Tag, ein weiterer Glücksmoment im Familien- und Freundeskreis sind der Lohn. Einige Tage später darf Randulina im Löschental neben einem Freund stehen. Lange bekannt seit Südamerika, doch nie getroffen, und dann auf der Wanderung zur Anenhütte kreuzen sich unsere Wege. Viel Spass Myrta und Ueli.

Ich hätte noch viel zu schreiben, aber ich will euch nicht strapazieren. Mit wenigen Worten: Es war traumhaft, wie die Hochzeit unserer Tochter im Engadin, wofür wir im August extra eine Woche reisefrei nehmen!

Und für die Statistikfans haben wir die folgenden Eckdaten zusammengestellt:

  • 88x haben wir in unserer Randulina übernachtet, davon 74x wild und 14x auf Campingplätzen.
  • 5’964 km legten wir fahrend zurück, durchschnittlich 67km pro Tag.
  • 99 Wanderungen ergaben 712km mit 42’000 Höhenmeter und laut Schweiz Mobil 255 Stunden Wanderzeit.
  • 78 Bergseen besuchten wir (in vielen Stauseen konnten wir nicht schwimmen), sind davon in 51 Seen mind. 20 Züge geschwommen.
  • Der Obera Flüesee 2’789müM war der höchstgelegene See, der Crestasee 845müM der tiefstgelegene und der Lagh da Caralin auf 2’322müM der gefühlsmässig kälteste See.
  • Wir haben 1 Viertausender, das Bishorn 4’153müM, bestiegen und 3 Klettersteige beklettert.
  • Wir sind zu den Quellen unserer grössten Ströme und Flüsse gewandert – Lai da Tuma (Rhein) Gletschersee (Rhone), Lägh da Lunghin (Inn), Oberaarsee (Aare) und zum Maggiaseeli (Maggia).
  • 18 Freunde begleiteten uns beim Wandern und wir besuchten unterwegs 21 Freunde!

Vielen Dank liebe Freunde für eure Gastfreundschaft und eure Zeit! Schön, dass es euch gibt!