09 – Besuch der Pazifikinsel Chiloe

10. Februar – 15. Februar 2015

Route: Quellon > Castro > Quinchao > Ancud

Im Spanischunterricht habe ich mal mitbekommen, dass es in Puerto Montt und auf der vorgelagerten Insel Chiloe praktisch nur regnet. Wir haben es anders erlebt, zum Glück, denn Regen im Pazifik bedeutet auch KALT. Es ist zwar regnerisch an unseren ersten beiden Tagen, aber am ersten Tag stört’s nicht weil wir ohnehin den ganzen Tag auf der Fähre verbringen. Unsere Fähre läuft pünktlich nach chilenischer oder südamerikanischer Sicht aus. Wir müssen um 9 Uhr morgens am Embarcadero sein, also am Pier. Als Schweizer sind wir natürlich pünktlich da. Das Schiff ist am Einlaufen, perfekt. Gegen 9.30 Uhr sichten wir jemanden von der administrativen Seite an Land. Zuerst werden unsere Autoräder desinfiziert und dann geht nichts mehr. Gegen 10.45 Uhr (11 Uhr offizielle Abfahrtszeit des Schiffes) Kontrolle des Tickets und dann dürfen wir auf die Fähre verladen. Abfahrt um 12 Uhr. Hier hat niemand Stress und niemand holt sich vom Arbeiten einen Herzinfarkt. Alles geht immer schön mit der Ruhe.

Unsere Fährpassage von Chaiten nach Quellon dauert 4 Stunden und 30 Minuten und verläuft völlig ruhig. Chiloe ist 9322 km2 gross, das heisst ca. 180 km lang und 50 km breit. Dazu gehören noch mehrere Dutzend kleinere Inseln. Jährlich werden ca. 2200-3000 mm Niederschlag gemessen. Wir geniessen diesen Niederschlag glücklicherweise nur auf der Überfahrt und eben noch am zweiten Tag, marschieren aber trotzdem durch den kalten Regenwald im Nationalpark Chiloe. Was uns aber nicht besonders toll dünkt, haben wir doch auf dem Festland schon Regenwald zur Genüge gehabt.

Was uns dann mehr erstaunt, ist die dichte Besiedlung und die kleinräumigen Strukturen. Wir fühlen uns an daheim erinnert. Chiloe ist auch sehr hügelig, Berge hat es keine, dafür spezielle Holzkirchen, von denen viele auf der Unesco Weltkulturerbe Liste stehen.

Bei schönstem Wetter besuchen wir in Chonchi die erste Kirche mit ihrer blauen Sternlidecke.

Castro mit seinen farbigen Palafittos, den Häusern auf Stelzen, weil für viele arme Fischer das Geld nicht reicht am Festland ein Haus zu bauen, bauen sie ihre Häuser am Ufer und wegen der Gezeiten auf Stelzen, hat seinen eigenen Charme. Heute sind diese Palafittos natürlich das Aushängeschild und haben mit Armut nichts mehr zu tun. Castros Kirche ist riesig und farbig und weil die Stadt grad heute ihren Geburtstag feiert, findet auch gleich ein Gottesdienst mit Musik und Gesang und Geklatsche statt. Echt südamerikanisch halt. Dann gibt’s Feuerwehr, Polizei und der Navy Paraden und das ist für uns der Grund, uns in ein Café zu verziehen.

Chiloe und ganz Südchile lebt von der Lachszucht. So hat es auch überall Fischmärkte, die wahrscheinlich die zweite Qualität des Lachses verkaufen, die beste Qualität wird nach Brasilien, USA und Japan exportiert. Wir drücken beide Augen zu und kaufen ein halbes Kilo Lachs zum Znacht. Für grade mal 4 Franken, Antibiotika inklusive. Was uns sicherlich Hals- und Ohrenweh für eine Zeitlang fernhält. Nicht dass wir das je hätten, aber wer weiss, wogegen wir sonst noch immun werden. 50‘000 Fische befinden sich in einem Bottich im Meer draussen, eine Farm hat gut und gerne 20 dieser Bottiche. Während zwei Jahren werden die Fische von anfänglich 100g auf 2kg hochgemästet bis sie schlachtreif sind. Da kann man keinen Fisch gebrauchen, der mal kurz niest.

Dalcahue ist ebenfalls hübsch mit vielen bunten, geschindelten Häusern, die Kirche wird grad renoviert, also schlendern wir durch’s lebendige Dörfli, wo auch wieder Fest ist und geniessen die Sonne und das Nichtstun. Hier nehmen wir die 5 Minutenfähre zur Insel Quinchao. Als wir in Curaco de Velez ankommen, herrscht hier auch schon wieder Feststimmung. Hier versammeln sich aber nicht nur Festlustige, sondern auch Zugvögel von ihrer Reise von Nord- nach Süd resp. umgekehrt. Einige legen 16‘000km zurück, bis sie hier sind um zu überwintern. Wir finden einen hübschen Übernachtungsplatz am Strand und braten unseren Lachs, der uns gut schmeckt, in Ergänzung mit den herzigen länglichen violetten chilotischen Kartoffeln und ein wenig chilotischem Knoblauch ein perfektes Essen. Knoblauch scheint in Chiloe gut zu wachsen. Man kauft hier keine Knollen nur Zehen, denn eine Zehe ist so gross wie bei uns eine ganze Knolle. Dafür sind die Kartoffeln klein.

In Chullec am Strand legen Frauen am Morgen Tang aus. Sie erklären mir, dass das Algen seien, die in der Schönheitsindustrie in Cremen, Shampoos und Seifen Verwendung finden. Die Frauen haben aber nicht ausgesehen, als würden sie sich diese Kosmetik kaufen können.

In Achao am äussersten Zipfel Quinchaos wieder eine Unesco Kirche. Aber spannender ist der Markt am Meer und der Einkauf im Unimarc(Coop/Migros). Da kommen wir grad zu einer Zeit, als viele Chiloten umliegender Inseln per Boot ihre Einkäufe tätigen. Ganze Wägeliladungen voller Lebensmittel werden an der Kasse in grosse Kartonschachteln verpackt, verschnürt, mit dem Namen des Bootes vermerkt und dann in den Hafen geliefert, wo die Eigentümer alles auf ihre Boote laden. Wir mit unseren 2 Milchpackungen, 1 Päckli Kaffee und einem Bidon Wasser sind grad Waisenkinder dagegen.

Eine weitere schöne Holzkirche gibts in Quinchao. Den Geiern gefällt es hier ebenfalls, sie finden einen angeschwemmten toten Pinguin am Strand, der ihren Speiseplan aufmöbelt. Am nächsten Strand an der Playa Traiguen holen Kinder einer Fischerhütte mit Bidons und Leiterwagen Wasser beim Wasserfall. Uns gefällt es hier ebenfalls und wir beschliessen hier zu bleiben. Wir sehen bis auf’s Festland: Die Vulkane Michinmahuida, Chaiten und Corcovado erheben sich majestätisch.

Anderntags in Lliuco, wieder auf der Hauptinsel, haben wir den perfekten Übernachtungsplatz mit Delfinshow und Pelikanen und einem perfekten Sonnenuntergang. Am Morgen grasen dann die Schafe auf dem Friedhof und als sie vertrieben werden, grasen sie halt vor der Kirche.

Chiloe ist bekannt für seine schönen Holzboote. Diese Tradition wird in San Juan immer noch weitergeführt und wir können diese imposanten Skelette bewundern. Viele Chiloten mussten sich aus Armut in früherer Zeit auf den grossen Schafestanzien im Süden Patagoniens verdingen. Viele auch in der Fischindustrie auf Wal- und Robbenfangschiffen, andere wurden für den Schiffbau von deutschen Auswanderern angestellt.

Überall an den Strassenrändern blühen die orangefarbenen Monbrezien und die grossen weissen Blüten der Ulmen (Eucryphia cordifolia) leuchten aus dem dicken grünen Laub hervor. Zu guter Letzt kommen wir in Ancud an. Auch hier Feststimmung, es ist die zweitletzte Ferienwoche. Es findet eine Flugshow statt und die Piloten in ihren Propellermaschinen holen die Emotionen aus dem Publikum heraus: mira mira, que lindo, impresionante, mira un corazon, mira una estrella. Und wirklich zaubern die Piloten Herzen und Sterne an den Himmel. Ich weiss nicht, was mich mehr fasziniert, das Schauspiel in der Luft oder die fröhlichen Menschen.

Wir haben unsere Fahrt von Süd nach Nord auf der Insel Chiloe abgeschlossen und nehmen nun wieder die Fähre von Chacao nach Pargua auf dem Festland und reisen nach Puerto Montt.