33 – Französisch Guyane und Martinique

01. Dezember – 28. Dezember 2015

Route: Saint-Laurant-du-Maroni > Kourou > Cayenne > Martinique > Trois Ilets > Saint Georges de Oiapoque

Eine halbe Stunde Fährfahrt und wir kommen in Saint-Laurant-du-Maroni in einer völlig neuen Welt an. Die Einreise im Departement Outre-mer verläuft völlig problemlos. Es gibt zwar einen Stempel in den Pass mit unbeschränkter Aufenthaltsdauer, die Grenzbeamtin will die grüne Autoversicherungskarte sowie den Fahrzeugausweis sehen und in 5 Minuten ist die Prozedur erledigt. Ab jetzt sprechen wir Französisch, bezahlen mit Euro, kaufen im Super U französische Produkte und spüren den Pariser Zentralisierungswahn bis nach Südamerika. Es gibt nichts, was darauf hindeutet, nicht in Frankreich zu sein ausser dem Klima und der Bevölkerungsstruktur: heiss und dunkel – Indigene und Nachfahren der ehemaligen Sklaven.

Übernachtet haben wir am Hafen, wo wir auch ein Schweizer Segelschiff entdeckten. Madelyne und Rémy sind mit ihrer Alubis auch seit 2014 unterwegs und wir verbrachten einen wunderbaren Abend auf dem schönen Schiff.

Doch Saint-Laurant-du-Maroni war lange Zeit nicht der bevorzugte Ankunftsort für Fremde. Ein dunkles Kapitel französischer Geschichte wurde hier geschrieben. Napoleon lll liess zehntausende Gefangene, von kleineren Delinquenten bis zu politisch Gefangenen hier und auf den umliegenden Inseln ihre Strafen verbüssen. Man setzte sie nach der Abschaffung der Sklaverei als Arbeitskräfte ein und erhoffte sich eine Schonung des Staatshaushaltes. Die Gefangenen wurden unter unmenschlichsten Bedingungen gehalten. Tagelange Einzelhaft in Dunkelzellen, unzureichende Ernährung, das ungewohnte Klima verbunden mit Krankheiten zermürbte oder reizte manchen zur Flucht, wobei das meist den sicheren Tod bedeutete. Wer mehr darüber wissen will, siehe „Papillon“ von Henry Charrière, der hier eingesessen hat. Unser Tagesausflug auf die Îles du Salut mit einem Segelboot war denn auch geprägt von diesen historischen Tagen. Wir haben uns allerdings gefragt, ob es nicht auch eine Strafe für die Wärter und ihre Familien war, hier wohnen zu müssen. Romantisch war es damals nicht wirklich und Moskitos haben keine Dünkel und stechen kunterbunt.

Heute ist Französisch Guyane besser bekannt als europäische Satelittenabschussbasis. Bereits Wochen zuvor haben wir uns für den Abschuss der Vega 06 mit dem Projekt „Lisa Pathfinder“ angemeldet. Ariane 5 und Sojus standen grad nicht auf dem Programm. Tatsächlich erhielten wir positiven Bescheid für ein Dabeisein und auch für die geführte Tour durch das Gelände. Alles in allem sehr spannend und gut aufgemacht und erst noch gratis. Kourou bietet sonst nicht viel, in der Kleinstadt leben nahezu alle Bewohner für oder von der Raketenbasis. Auffallend sind die vielen Villenquartiere und grossen Schulkomplexe und dazu wie in Frankreich üblich, Wohnsilos für die weniger gut betuchten.

Hier gibt es im Gegensatz zu den anderen Ländern Guyana und Suriname tolle Wandermöglichkeiten in den ausgedehnten Wäldern, meist mit informativen Erklärungstafeln. Nach einigen diesen Spaziergängen beschlossen wir aber, uns nicht mehr freiwillig den ganztägig aktiven Moskitos zum Frass vorzuwerfen. Es war auch nicht lustig, dick eingepackt und mit Anti-Moskito-Crème eingestrichen in den tropisch feucht-heissen Wäldern herumzustiefeln. Deshalb waren wir sehr überrascht, als wir in der Nähe von Kaw, mitten in einem Sumpfgebiet keine Moskitos fanden, dafür ein tolles Wegnetz und eine wunderbare Sumpftour in einer Piroge. Anderntags entdeckten wir sogar einen der winzigen blauen Frösche. Aber wie die grossen blauen Morpho Schmetterlinge wollte auch er sich nicht fotografisch festhalten lassen und versteckte sich unter einem Baumstamm.

Zwei Sonntage standen in der Gunst von laotischen Märkten mit hervorragenden Garküchen. Der Markt in Cacao ist ein Muss. Nebst Früchten und Gemüsen gibt es auch eine riesige Anzahl an Stickereien und genähtem Handwerk. Schade ist unser Platz beschränkt. (@ Guido und Maria: Wir kommen gerne mit euch nach Laos, was dann noch viel authentischer ist.) Die Laoten des Nordens kämpften im Vietnamkrieg mit den Franzosen teilweise gegen ihre eigenen Landsleute. Die Franzosen boten ihnen Land und Arbeitsmöglichkeiten in Französisch Guyane, wo sie bis heute in der Landwirtschaft tätig sind. Praktisch sämtliches Gemüse und Obst das in Guyane verkauft wird, wurde Laoten angebaut. Sie haben viel von ihrer Kultur bewahrt, sprechen untereinander laotisch und leben eigentlich in einer Art Parallelgesellschaft, die erst sich jetzt mit der Jugend langsam auflöst. Übernachtet haben wir in Cacao äusserst stilvoll an einem Fluss unter einem riesigen Bambus.

In Cayenne, dem Hauptort war das etwas schwieriger, deshalb haben wir uns etwas ausserhalb an einen Strand gestellt. Ein Superstrand, wäre das Wasser vom Amazonasschlick nicht braun gefärbt. Hier bereiteten wir uns auch auf unsere Weihnachtsferien vor: Wäsche waschen, Weihnachtskarten schreiben, Koffer packen, und das Schwimmbad zum Duschen nutzen.

Und dann haben wir uns einen weiteren Traum erfüllt und sind von Cayenne aus in die Karibik geflogen, um dort die Weihnachtstage zu verbringen. Das bietet sich hier an, denn auch in der Karibik sind die Franzosen gut vertreten. Martinique, ebenfalls Outre-mer, war noch französischer als Guyane und wartete mit einem Verkehrschaos auf, wie wir es nie erwarteten. Auf 1000 Einwohner kommen 519 Autos während es in Guyane nur 255 sind. Das Leben ist hektisch hier, fast europäisch, alles blitzsauber und gut organisiert, die Strassen ähneln unseren Alpenpässen, ein stetiges auf und ab. Die Strände auf der Blumeninsel haben uns etwas enttäuscht, wir haben uns vielleicht auch falsche Vorstellungen unter „Karibik“ gemacht. Aber was soll’s. Martinique wartet mit Zuckerrohr- und Bananenplantagen auf und hat nebst kleinen Stränden also auch sonst noch was zu bieten. Wir wissen jetzt wie Rum hergestellt wird, nämlich gebrannt aus dem Saft des Zuckerrohrs und nicht wie andernorts aus Melasse. Wir haben ihn degustiert, wissen jetzt wie er schmeckt und wie er getrunken wird: Pur, gemixt oder als Punsch, der ganz schön einfährt. Wir wissen jetzt auch, dass Bananenstauden 36 Blätter treiben bevor sie eine Blüte hervorbringen und dass die grosse Blüte männlich ist und die weiblichen Blüten an den Spitzen der Bananen hängen. Ein ganzer Bananenbund besteht aus etwa 100 Früchten, die in Handarbeit geerntet werden. Eine wasserintensive Pflanze, die täglich 15-20 Liter benötigt. Wöchentlich werden 27 Millionen Bananen von Martinique und Guadeloupe nach Frankreich verschifft, bei der Rückreise bringen die Containerschiffe Lebensmittel und Waren aus Frankreich mit. Es gibt übrigens unzählige Bananensorten, viele süsse Früchtchen, die glücklich machen und den Blutdruck senken, aber auch viele, die sich nur gekocht essen lassen und dann ähnlich wie Kartoffeln schmecken.

Martinique, die Blumeninsel wird ihrem Namen gerecht, oftmals fühlten wir uns wie in einem botanischen Garten.

Weihnachten verbrachten wir ganz unspektakulär auf dem Balkon unseres Appartements im Örtchen Trois Ilets bei Rindsfiletspiessli und Salat. Dazu die Aussicht auf’s Meer und das Lichtermeer von Fort-de-France auf der gegenüberliegenden Seite. Selbstverständlich haben wir auch die kreolische Küche probiert, leckeren Fisch oder die typischen Accras, kleine frittierte Bällchen mit Stockfisch.

Fort-de-France, die Hauptstadt der Insel besuchten wir mit dem Taxischiff. Das Standbild von Joséphine de Beauharnais, der Frau Napoleons l und Kaiserin von Frankreich war mal wieder ohne Kopf. Kopflose Damen sind das Foto nicht wert, und allem Anschein nach haben die Nachkommen der ehemaligen Sklaven immer noch eine Wut auf die Ehrendame, welche die Sklaven nicht als Menschen betrachtete und ihr deshalb nach jeder Renovation den Kopf von neuem abschlagen. Das grosse Fort war bei unseren Besuchen geschlossen, so blieb noch der Markt mit den bunten Früchten, das war’s dann auch schon bald.

Eigentlich hatten wir fest vor, auf den Vulkan Mont Pelée zu steigen doch der Gipfel war 10 Tage lang mit Regenwolken verhüllt. An einem Sonntagmorgen 1902 brach der Vulkan aus und riss im Städtchen Saint Pierre mit einer glühenden Gaswolke 30‘000 Menschen in den Tod. Obwohl es Anzeichen gab, vermieden es die Stadtväter die ehemalige Hauptstadt zu evakuieren, es waren grad Wahlen angesagt. Wohlhabende Bürger schickten ihre Kinder weg und als Einziger überlebte der Gefangene hinter den dicken Gefängnismauern den verheerenden Ausbruch.

Die 10 Tage vergingen wie im Flug und schon bald hiess es Abschied nehmen. Müde kamen wir am späten Abend in Cayenne an, wo unsere Randulina auf dem Langzeitparkplatz des Flughafens auf uns wartete. Der Parkplatz war im Gegensatz zu unserer Abreise jetzt proppenvoll. Ob wohl viele Expats über die Weihnachtstage heim nach Frankreich gereist sind?

Statt noch lange im Dunkeln einen Übernachtungsplatz zu suchen, klappten wir unser Bett gleich auf dem Parkplatz auf und gönnten uns am nächsten Morgen unser letztes Café et Croissant im Flughafenbistro bevor die Reise weitergeht. Da wir uns hier noch besser verständigen können als in Brasilien, suchen wir eine Werkstatt auf um die Räder auswuchten zu lassen, dann wird der Kühlschrank mit Käse aufgefüllt und durch die einsamen Wälder, wo die kleinen schwarzen Äffchen mit den goldenen Pfötchen manchmal auf der Strasse spielen, tuckern wir nach Saint-Georges-de-Oiapoque, wo die Strasse am gleichnamigen Fluss endet. Von da weg geht’s nur noch mit dem Schiff weiter ins brasilianische Oiapoque. Eigentlich gäbe es seit 2011 eine Brücke über den Fluss, gebaut von den Franzosen, bezahlt mit EU Geldern, aber die Brasilianer sind das Zollhaus an der Brücke schuldig geblieben, es wird erstellt, sobald die Franzosen die letzte Rate beglichen haben, die zahlen aber erst, wenn das Zollgebäude steht… So gleicht das Bauwerk einem Schildbürgerstreich. Nutzniesser sind die brasilianischen Fährbetreiber, die horrende Preise für den Autotransport verlangen. Glücklicherweise waren wir am zweitletzten Tag des Jahres nicht das einzige Auto und konnten den Fährpreis teilen und erhielten auf der brasilianischen Seite vom Fährbetreiber auch gleich die Erlaubnis, die Nacht wohlbehütet auf seinem Grundstück zu verbringen. So quasi all inclusive.

Und zum Abschluss das Rezept zum typischen „Punch Planteur“ für 4 Personen:

          4 dl weisser Rum
          8 dl exotisch gemischter Fruchtsaft (Ananas, Mango, Maracuja, Orange…)
          Zuckerrohrsirup zum Süssen nach Belieben
          1 Zimtstange, etwas geriebener Muskat, Samen eines Vanillestängels

          Alles mischen und gut gekühlt servieren