29. Juni – 16. Juli 2023
Windhoek – Gobabis – Tsumkwe – Khaudum NP – Caprivi Streifen – Divundu – Bwabwata NP – Mudumu NP – Nkasa Rupala NP – Divundu – Rundu –Mangetti NP – Grootfontein – Otavi Vineyard – Windhoek
Was ab Windhoek anfänglich eine unspektakuläre Teerstrasse ist, wird ab Gobabis zur Schotterpiste. Staub überall, dafür wird es wieder wärmer. Wir campieren weit ab vom Schuss als uns zwei junge San-Bushmen ansprechen. Natürlich nicht im Lendenschurz sondern in Kleidern aus dem Texaid Sack, es wirkt auf jeden Fall so. Ob sie uns morgen ihr Dorf und ihre Kultur zeigen dürfen? Selbstverständlich gerne! So nehmen sie uns anderntags mit und wir tauchen tief in die Kultur der ersten Siedler des südlichen Afrikas ein. Immer noch wird mit Giftpfeilen gejagt. Gewehre haben sie keine. Der Jäger schiesst für sich, anschliessend gibt es ein gemeinsames Essen für das Dorf. Jede Familie trägt etwas dazu bei. Wir begleiten den Jäger, der uns zeigt, wo das Pfeilgift herkommt. Eine kleine orange Made hat tödliche Wirkung. Sie graben div. Bitterwurzeln aus, erklären uns in ihrer Klicksprache, wofür die Arzneien verwendet werden, die jungen San sprechen Englisch und übersetzen, sie arbeiten während der Touristensaison in Tsumkwe für eine Lodge als Führer und die beiden machen ihren Job gut. Im Gegensatz zu den Living Museum Villages erleben wir hier ungekünstelte Kulturvermittlung. Smartphone trifft auf Giftpfeil, wir lachen und fragen die Jungs, wo sie denn ihre Handys aufladen, denn Strom haben sie nicht. Sie grinsen und zeigen auf den Sendemasten. «Dort gibt es eine «Powerstation» mit solarbetriebenen Steckdosen». Liebe Lesende, stellt euch vor, eure nächste Steckdose ist 1km entfernt!!!
Der nächste Höhepunkt ist der Khaudum NP wo wir uns durch tiefsandige Pisten wühlen. Er ist nicht eingezäunt, das heisst, die Tierherden können von Namibia nach Botswana und Angola migrieren, immer ihren natürlichen Wanderrouten entlang. Eine besonders reiche Fauna findet man dort, wo es Wasser gibt. Es wurden sehr schöne natürliche Wasserlöcher der wasserführenden Flüsse genutzt (500mm/jährlich), die in der Trockenzeit mit Grundwasser aufgefüllt werden und für Elefanten, welche weit über 100l Wasser täglich benötigen, wurden nochmals spezielle Wasserstellen gebaut. Es ist uns gegönnt, riesige Tierherden zu beobachten, bei 120 Elefanten haben wir aufgehört zu zählen. Roan-Antilopen, grosse Gnu- und Oryxherden ziehen durch die gelbe Savanne. Warzenschweine, stellen ihre Schwänze auf der Flucht wie Antennen auf, doch das grösste Gänsehaut-Erlebnis sind wohl die vielen Löwen, die sich fotogen direkt neben der Piste lagern! Mal im goldenen Licht der spätnachmittäglichen Sonne, mal fototechnisch weniger toll am Morgen im Gegenlicht, das ist Afrika wie im Bilderbuch.
Wir machen Bekanntschaft mit Reinhold, seinem Land Rover Frieda und seinem Neffen Manuel und wie es der Zufall will, treffen wir uns immer wieder sporadisch auf der Strasse oder in einem Nationalpark. So können wir uns per Handy austauschen, wer wo was gesichtet hat. Eine Reisefreundschaft entsteht, gemeinsame Lagerfeuer, Apéros und Abendessen.
Ganz anderes Terrain ist der Okawango Fluss. Hier lümmeln sich träge Krokodile am Ufer, eine Puffotter schleicht sich an unser Camp heran, ihr Biss ist tödlich. Doch die nächste Gänsehaut entsteht auf der Flussfahrt. Grosse Flusspferdfamilien baden im kühlen Nass, nur Augen und Ohren ragen aus dem Wasser, eine kleine Flutwelle entsteht, wenn sie sich vom Ufer ins Wasser plumpsen lassen oder beim Auftauchen, wenn ihnen unser Boot zu nahe scheint.
Am Flussufer schneiden die Menschen Riedgras, welches gebündelt am Strassenrand zu kaufen ist, um Dächer zu decken. Aus Schilf werden Matten als Windschutz gefertigt, auch diese kann man im Supermarkt ‘Strasse’ erwerben.
Camping am Okawango mit Sundowner am Fluss und dem Grunzen der Hippos ist unbeschreiblich. Eisvögel tauchen für einen Fisch senkrecht ins Wasser. Für die dort ansässigen Menschen ist er die Lebensader. Mutig fahren sie zum Fischen mit ihren Einbäumen zwischen den Flusspferden herum, nicht selten bringen die riesigen Tiere das schmale Boot zum Kippen, Kinder und Hunde werden beim Spielen am Wasser zum Leckerbissen für Krokodile.
In den Sumpfgebieten des Okawango leben Wasserböcke und getupfte Bushbucks, nur die seltenen Säbelantilopen wollen nie so richtig für ein Foto posieren, kein Wunder, eine grosse Büffelherde strebt dem Wasser zu. Störche stolzieren durchs Gras, der Marabu ist beim Aas, welches sich die Geier teilen, nicht gerne gesehen, verschafft sich aber mit seinem Schnabel Respekt. Das hat der Fischadler nicht nötig!
«Was sehen wir heute», ist die grosse Quizfrage beim Aufstehen. Ohne Geduld geht nichts. Ab und zu sitzen wir über zwei Stunden an einem Wasserloch und warten… meistens werden wir belohnt. Organisierte Game-Drives sind nicht unser Ding. Manchmal sehen wir einfach am Strassenrand den Pavianen zu, wie sie auf einem alten Autowrack herumturnen, wir geniessen, was der Tag bietet. Jeder Tag hat seine eigene, spannende Geschichte. Was wir selbständig sehen, ist unsere Tagesbelohnung, hat eine Geschichte. Nur ab und zu gönnen wir uns eine Flussfahrt, um die Landschaft von einer anderen Perspektive aus zu sehen.
Es ist aber auch anstrengend und deshalb freuen wir uns auf die staubfreie Asphaltstrasse, auf den dritten Aufenthalt auf dem Otavi-Weingut und das gemeinsame Nachtessen mit Reinhard und Manuel auf Thonningii. Danach werden sich unsere Wege trennen.