10 – Angola

20. April – 14. Mai 2023

Katuitwi (Border Post) – Cuatir Wilderness Resort – Menongue – Huambo – Quibala – Calulo – Mussende – Pedras Negras – Pungo Andongo – Calandula Falls – Quilemba – Ponte Filomena – Cabuta – Calulo – Gabela – Seles – Sumbe – Lobito – Lubango – Tundavale – Serra da Leba – Praia da Pipa – Namibe – Morro Vermelho – Iona NP – Moimba – Ruacana Falls (Border Post)

Ein Versuch, einen Reisebericht über ein völlig untouristisches, Portugiesisch sprechendes, 30x grösseres Land als die Schweiz, das wir nicht allein, sondern mit Giusep und seinem LandRover Azalai, bereisen www.endless-tracks.ch auf 1000 Wörter zu reduzieren. Dieser Blog ist in Abschnitte mit passenden Fotos gegliedert und entspricht nicht unserer Reiseroute. Interessierte Angola Reisende können sich gerne für weitere Infos oder Fragen per E-Mail bei uns melden.

Der Grenzübertritt am kleinen Zoll von Katuitwi zwischen Namibia und Angola ist überhaupt kein Problem. Sofort klebt Stefan zur Freude der Grenzbeamten den Sticker mit der Fahne Angolas auf. Weil das Internet an der angolanischen Grenze nicht funktioniert müssen Stefan und ich in Menongue den Visa-Sticker für den Pass auf dem Amt persönlich abholen und bezahlen. Giusep hatte sein Visum bereits in der Schweiz auf der Botschaft geholt. Dank einem Einladungsschreiben des Angola Touristikfachmannes Stefan van Wyk www.angola-uncharted-safari.com waren die Visas problemlos als e-Visa erhältlich.

Ab jetzt sind die Strassen holperig, löcherig, staubig und kurz nach dem Grenzübergang wird die Luft in den Reifen auf ca. 2.2 bar abgelassen; wir sind froh nach einem langen Tag inklusive Fährübersetzung im Cuatir Wilderness Reservat von Stefan van Wyk anzukommen. Doch es geht gleich weiter: Uns wird eine Safari mit Sundowner geboten, die Roan Antilopen posieren artig im Abendlicht. Während dem über 30-jährigen Bürgerkrieg, der ab 1976 durch das Land tobte, wurden in Angola praktisch sämtliche Wildtiere gewildert, gegessen und das Elfenbein verkauft. Nun versuchen Private wie Stefan van Wyk in Zusammenarbeit mit südafrikanischen und namibischen Parks, die Tiere wieder anzusiedeln und so in den Vorkriegszustand zu versetzen, ein Versuch, den Tourismus anzukurbeln.

Wahrscheinlich braucht es noch 10-20 Jahre, bis Angola im Tourismusgeschäft mitmischeln kann. Aber dann punktet es mit Naturschönheiten, die einfach gegeben sind. Die grossen Naturwunder sind auf Angolas Geldscheinen verewigt, z.B. der Morro Luvili, ein markanter Felszahn, die Pedras Negras, eine Sierra aus schwarzen Felsen, welche aus der Ebene herausragen und bereits von weitem zu sehen sind, der imposante Calandula Wasserfall mit seinen Wassermassen oder auch die Haarnadelpassstrasse Serra da Leba, die vom grünen Hochplateau in die Wüstenregion hinunterführt. Der 1000m hohe Felsriss von Tundavale lässt einem beim Hinunterschauen fast das Blut in den Adern gefrieren. Die Aussicht auf die Ebene ist atemberaubend. Jetzt noch menschenleere Strände bei Lobito, wo ein zaghafter Aufbruch in den Tourismus zu verspüren ist. Ein Geheimtipp bei gutbetuchten Angolanern oder Expats, die hier in der Ölindustrie arbeiten. Wir haben nur die schönsten Erinnerungen an diese Orte und schätzen uns glücklich, sie ohne Massentourismus besuchen zu können, obwohl wir dem Land Tourismuseinnahmen von Herzen gönnen.

Ein besonderes Erlebnis im Südwesten Angolas bietet der nördlichste Teil der Namibwüste, die sich von Namibia bis hinauf nach Angola zieht. Wir fahren in dieses einzigartige Wüstengebiet ein, Giusep und Stefan besprechen immer wieder die Route da sichere Wegmarker fehlen und wir nur mit Garmin und Tabletkarten fahren. Beim Doppelsandsteinbogen, der Arco und später bei den Morros Vermelhos, den roten Felsen surren die Fotoapparate in der Endlosschlaufe. Giusep zaubert eine Feuerstelle und Stefan holt das gesammelte Holz vom Autodach, der Abend verspricht einer der schönsten zu werden. Ebenso ist es im ‘Iona Nationalpark’, dessen Ökosystem und Infrastruktur mit Hilfe von ‘African Parks’ aufgearbeitet wird. Diese Wüste mit den Welwitschia mirabilis, den ältesten Pflanzen überhaupt und den grössten ihrer Art, ist einfach unbeschreiblich und unser Camp der absolute Höhepunkt. Southern Cross und Skorpion wachen über uns und das abendliche Feuer lodert. Wir fahren südlich Richtung Namibia, die Landschaft wird wieder grün, wir campieren wild in lichten Mopanewäldchen, haben herzliche Begegnungen mit traditionellen OvaHimba, verschenken wieder einmal Obst, zeigen wie man Orangen isst und dürfen sie im Gegenzug fotografieren. Wir bestaunen die Lehmfrisuren und sie bestaunen uns.

Angola ist noch immer ein Land, das teilweise mit Landminen vermint ist, die noch nicht geräumten Minenfelder sind auf Landkarten vermerkt, es besteht diesbezüglich keine Gefahr für Reisende, gesprengte Brücken wurden ersetzt, doch wir können nicht immer unterscheiden, ob die kaputten Häuser zerbombt wurden, oder ob den Bauherren ganz einfach das Geld für den Finish ausgegangen ist. Was nicht auf Karten vermerkt ist, sind Schlaglöcher, in denen sich Schweine suhlen, Ziegen und Hühner, die unvermittelt die Pisten überqueren, schwarz rauchende Autos, die einem die Sicht trüben oder die kleinen überfüllten Keweseki-Motorradtaxis, Menschen, die der Strasse entlang marschieren, Frauen mit schweren Lasten auf dem Kopf und dem Kleinkind auf dem Rücken. Das Gras ist hoch und unvermittelt treten Kinder auf die Strasse oder verschwinden einfach darin. Oft halten sie die Hand aus und betteln um Esswaren. Giusep verteilt Reis, Nudeln und Brot, wir Früchte. Wie an den meisten Orten der Welt wird die Wäsche im Fluss gewaschen, zum Trocken auf den Felsen ausgelegt und schon die Kleinen müssen mithelfen. Und irgendwo liegt immer ein Autowrack.

Wir fahren Pisten, die vom Regen so matschig sind, dass wir umkehren müssen, weil wir wie auf Glatteis fahren, einige Tage später ist die gleiche Piste staubtrocken und wir befahren sie gegenläufig. Ab und zu ist sie so schmal, dass ein Durchkommen für unsere Autos fast aussichtslos erscheint, da darf man keine Panne haben. Die Menschen, die hier wohnen, könnten uns nicht helfen, sie leben in ihren Holzhütten ohne Strom und jegliche Infrastruktur. Am Strassenrand wird Maniok getrocknet, der Fermentationsprozess stinkt gegen den Himmel. Die Dörfer mit den kleinen Häusern liegen im Urwald zwischen Bananenstauden, Papayabäumen, Palmölpalmen, Mais und Hirse. Wir kaufen Früchte, Avocados oder Papayas um die Frauen etwas zu unterstützen. Die Strasse ist eh der grösste Supermercado. Alles wird hier feilgeboten, ab und zu ein Geschäft, eine Bäckerei in einem Städtchen, wo wir einkaufen und alles gleich wieder an Kinder verteilen. Der ehemalige Kolonialherr Portugal, der Angola und alle anderen Kolonien nach der Nelkenrevolution 1975 in die Selbständigkeit entliess, ist immer noch ein grosser und wichtiger Handelspartner. Es ist einfacher, eine gute Flasche portugiesischen Wein zu kaufen als Milchprodukte. So gebe ich einmal meine Butter in einem Hotel ab, damit der Kellner seinen Gästen zum Zmorge ein wenig davon auf das Tellerchen legen kann. Im Gegenzug erhalte ich einen «Käse», den ich später Cäsar verschenke, weil er uns auf seinem Grundstück hoch über dem Meer campieren lässt. Womit wir gleich bei unseren Übernachtungsplätzen sind. Campings gibt’s keine! Wir übernachten auf katholischen Missionen, besuchen die Messe von Padre Lino, hören den wundervollen Gesängen der angolanischen Frauen zu, ein Vogel scheint dem Gesang auch zu folgen und jubiliert an den passenden Stellen dazu. Herrlich! Auch die Franziskaner nehmen uns auf und immer gibt es etwas in den Opferstock. Bei Sehenswürdigkeiten wie den grossen Wasserfällen gibt es eine Lodge, wo wir auf dem etwas öden Parkplatz übernachten dürfen, es tut gut, in diesem feuchtheissen Klima die Dusche der Poolanlage benützen zu dürfen. In der gepflegten Gartenanlage mit Blick auf den Calandula Fall schmeckt das Bier doppelt gut. Auch in der Grossstadt Lubango, wo das riesige Abbild der Christusstatue des Corcovado, Cristo Rei, seine Arme über die Stadt ausbreitet, schlafen wir auf einem Hotelparkplatz. Angenehme, sehr einfache Möglichkeiten bieten auch die Kaffeeplantagen im tropisch-feuchtheissen Norden. Viele dieser Plantagen wurden während dem Krieg verlassen, später verkauft, die Gründer waren meist Deutsche. Nun erwachen die Plantagen langsam aus ihrem Dornröschenschlaf und generieren dringend nötige Arbeitsplätze. Wir übernachten «wild» im Landesinneren, am Meer, in der Wüste, erfreuen uns im nächtlichen Millionen Sterne Hotel und geniessen die entspannte Atmosphäre dieses Landes, das von sich selber sagt, es gebe keine Kriminalität.

In der Tat haben die Leute nach den langen, fürchterlichen Gewalttätigkeiten genug und wir erleben freundliche Menschen. Zufriedene Polizisten heissen uns an den vielen Strassenposten willkommen. Angola war für uns ein völlig neues Erlebnis. Wir waren 25 Tage zusammen mit Giusep unterwegs in einem Land, das wir nicht einordnen konnten und von dem wir nur wenig, und dann nur Gefährliches wussten. Wir wurden eines Besseren belehrt und würden jederzeit wieder zurückkehren. Auch der letzte Grenzposten ist ein Kinderspiel. Nach 45 Minuten sind unsere beiden Autos in Angola aus- und in Namibia eingelöst, unsere 3 Pässe sauber abgestempelt und das Erlebnis somit freundlich abgeschlossen.