14 – Peloponnes

5. April – 25. April 2022

Das Highlight jeder Griechenlandreise scheint der Peloponnes mit seinen Fingern zu sein. Auch wir wollen dahin. Nicht nur um den Kanal und das antike Korinth zu sehen und nicht um das schöne Mädchen aus Arakdia zu finden, auch nicht um die grossen Kalamata Oliven zu degustieren und auch nicht, um die grossen antiken Stätten wie Akropolis, Epidauros, Messene, Olympia und viele weitere zu besuchen, sondern vor allem wollen wir der grossartigen Landschaft wegen hierher. Alles andere nehmen wir aber gerne auch noch mit.

Trotz der kühlen Temperaturen herrscht hier ein grösserer Wildcamperandrang (die meisten Campingplätze sind noch geschlossen!), so dass wir mehr als einmal froh um unsere geländetaugliche Randulina sind und die schönsten Plätzli meist für uns alleine haben.

Seit der Ankunft auf Kreta begleitet uns der zaghafte Frühling. Auf dem Peloponnes ist er in voller Blüte. Knallroter Mohn mit gelbem Ackersenf, weisse Margeriten, lila Wicken, rosa und weisse Zistrosen, pinkige Judasbäume, der Duft des Ginsters und jener der Orangenblüten lassen sich von uns, alle paar Kilometer aus dem Auto hüpfend, bewundern und beschnuppern. Dazu kommt dieser kitschig blaue Himmel und das Licht, das so klar ist, dass wir fast sicher sind, die alten Meister hätten davon geschwärmt. Glücklicherweise ist das Fotografieren heute nicht mehr so kompliziert wie früher, die 36-er Filmrölleli wären längst aufgebraucht.

Jeder Finger des Peloponnes punktet mit anderen Vorzügen. Der Finger der Region Argolis hat einiges zu bieten. Die alten Griechen schätzten die Kuranlage von Epidauros mit ihrem imposanten Amphitheater, die Segler lieben die saronische Inselwelt und wir die kleinen Hafenorte, wo es sich so entspannt Kaffee trinken lässt. Ein Vulkanschlot und skurrile Lavaformen locken uns auf die Halbinsel Methana. Die grossen alten Bäderhotels, die dort dank dem heissen Schwefelwasser entstanden, sind allerdings ein Ort der Verzweiflung und mutieren zu neugriechischen Ruinen. Also fahren wir weiter nach Nafplio ohne gebadet zu haben. Die Venezianer errichteten auch dort eine Festung und einen Hafen und weil Sonntag gleich Familientag ist, sind die Restaurants nach der Stadtbesichtigung gut belegt und sogar wir ergattern einen Tisch in einer der windigen Gassen.

Über Arkadien geht’s nach Lakonien zum Finger Nr. 2. Wir besichtigen enge Bergdörfer, die in der Kletterszene wohlbekannt sind. In den Bergdörfern riecht’s penetrant nach Ziegenpisse, trotz allem lieben wir den griechischen Käse aus Schaf- und Geissenmilch! Mit Hilfe einer Kioskfrau und zwei Gentlemen, die perfekt Englisch sprechen, kann ich meine griechische SIM-Karte aufladen. Gar nicht so einfach, wenn das App griechisch sprechend erklärt, welchen Button man zum Wechseln der Sprache drücken muss… Die Herren schreiben mir eine wunderbare Anleitung und ich schwöre mir, Touristen in unserem Land ebenfalls behilflich zu sein!

In den steilen Felswänden hängen die Klöster wie Schwalbennester unter Felsvorsprüngen. Hier herrscht Personalmangel. Die wenigsten Klöster haben fixe Besuchszeiten, auf gut Glück wird man eingelassen, darf sich umsehen und wird dabei noch mit supersüssem Loukoumi, Orangen, Kaffee und Gewürzbrot von der einzigen Nonne verwöhnt. Am Meer ist Monemvasia der Touristenmagnet. Das Gibraltar des Ostens beeindruckt mit einer byzantinischen Festung, die als Sicherung des Seeweges von Konstantinopel nach Venedig diente. Die Unterstadt, mit ehemals bis zu 25‘000 Einwohnern, ist heute Wochenenddomizil reicher Athener, dementsprechend luxuriös sind die Häuser restauriert und herausgeputzt.

Südlich von Monemvasia befindet sich Kap Malea. Grün-blaues Meer, reger Schiffsverkehr und prächtige Aussicht begleiten uns auf der gut 50-minütigen Wanderung. Am Kap befindet sich ein einsames Kloster, welches von einer Novizin gehütet wird. Seit zwei Jahren schaut sie hier mausbeinallein zum Rechten. „Probleme darf man keine haben,“ meint die Nonne, „sonst hält man es hier nicht aus“. Wir füttern ihre Hühner mit Brosamen und wandern wieder zurück. Der Westküste entlang geht es teilweise auf anspruchsvollen 4×4 Pisten nordwärts. In den kleinen Dörfern gibt es keine Zeit, Männer sitzen im Kafenion und politisieren, Tavla / Backgammon spielen sie nicht mehr, Hunde und Katzen besetzen die Strasse und nur der Fischhändler durchbricht die Stille. Ungeduldige dürfen hier keinen Kaffee bestellen. Mit einer Fahrt durch riesige Orangenplantagen, entlang langen Sandstränden, wo das spektakuläre Wrack der Dimitros vor sich hin rostet, gelangen wir zum Mani-Finger.

Steil und abweisend, karg und einsam ist die Mani. Die Häuser dementsprechend. Die grossen Wohntürme sind der Landschaft angepasst. Die Dörfer in der Vorsaison wirken ausgestorben und wenig einladend. Die Preise in den Restaurants sind hoch. Viele dieser Wohntürme sind bis zum geht nicht mehr renoviert und wohl nur in Ferienzeiten bewohnt. Die touristischen Anlagen, es gibt viele Höhlen hier, noch nicht geöffnet. Also muss man sich etwas einfallen lassen, damit man trotzdem etwas zu sehen bekommt. Spektakulär ist die Katafygi-Höhle, diesen Tipp bekommen wir von einer reisenden Familie. So besichtigen wir also an Ostern den Hades. Die Höhle ist unerschlossen, mit Stirnlampen ausgerüstet wagen wir uns hinein. Eine beklemmende Atmosphäre. Wir drehen wieder um und wagen uns nicht wie die Familie, mehrere Kilometer hinein. Mir ist es lieber, bei www.olivenoel-morea.de unseren Vorrat an Öl aufzustocken. Das sympathische deutsche Paar erklärt uns einiges zu den verschiedenen Olivensorten und von den Schwierigkeiten, mit 600 Bauern eine Biolinie zu fahren. Sehr interessant.

Via Kalamata, bestens bekannt seiner grossen Oliven wegen, kundschaften wir den letzten Finger aus. Am südlichsten Punkt des messenischen Fingers hat sich jemand die Mühe gemacht aus Schwemmmaterial ein Bänklein zu zimmern. Eine grosse Feuerstelle gibt es auch. Ein Platz um Pizza zu backen. Wir schalten an der Selitsa Beach einen Ruhetag ein und geniessen die Sonne ausnahmsweise ohne Wind, den angeschwemmten Plastikmüll der nächsten Bucht ignorierend.

Eine weitere Wanderung zu einer zerfallenen Zitadelle ermöglicht uns den Ausblick auf die Ochsenbauchbucht. So gelingt es, auch ohne Drohne, ein spektakuläres Bild von Voidokilia zu machen. Unglaublich was die Natur herzaubert. Natürlich wimmelt es hier von Touristen und Campern und wir verziehen uns in einen Olivenhain, wo wir bei einer Kapelle die Nacht verbringen. Beeindruckend ist der Besuch von Messene. Die perfekt geschnittenen Steinquader am Arkadischen Tor erinnern an die Steinmetzkunst der Inkas. Nur dass Messene viel älter ist. Das Stadion ist imposant und die lebensecht wirkenden Statuen versetzen uns in Staunen. Den griechisch orthodoxen Ostersonntag geniessen wir einsam in einem steinigen Bachbett. In den Dörfern essen die Menschen das traditionelle Lamm am Spiess und schiessen Böller ab. Eine Woche vorher feierten wir unser Osterfest und ich versteckte für Stefan ein Osternest inmitten einer Blumenwiese. Wir besichtigen Olympia, jene Stätte an der von 776 v. Chr. bis 393 n. Chr. die antiken olympischen Spiele stattfanden. Im 6. Jahrhundert wurde die Stätte von einem heftigen Erdbeben und Schlammfluten zerstört und dementsprechend chaotisch ist sie heute noch. Die immense Grösse der verschiedenen Tempel kann aber anhand der herumliegenden Säulenblöcke erkannt werden.

Querfeldein und ab und zu dem Meer entlang, tuckern wir nach Kyllini, von wo aus wir die Ionischen Inseln Zakynthos, Kefalonia und Lefkada entdecken wollen.