05 – Mit den Skiern von Schwyz nach Scuol

23. Februar bis 4. März 2019

Seid ihr verrückt, 14 Etappen, 135km? Geht’s noch? Passt auf euch auf! Habt ihr einen ABS Rucksack wegen den Lawinen? Das geht doch gar nicht, wo wollt ihr denn da Skifahren? Auf Tourenskis wollen wir von Schwyz nach Scuol gelangen. Die Vorbereitungen sind minuziös, eine logistische Herausforderung, da einige Hütten geschlossen und nur unbewartete Winterräume geöffnet sind.

Eigentlich sind wir ein Dreamteam. Jeder hat sein Ämtli, aber für einmal haben wir den Spiess umgekehrt, Flexibilität heisst das Zauberwort im Alter, was prompt bereits am Abmarschtag in einem Fiasko endet. Stefan für den ÖV verantwortlich, Iris für die Finanzen, unser Bus fährt nicht, wir müssen unseren lieben Nachbarn Guido fragen, ich lasse das Geld daheim liegen. Supergau! Wenn das nur gut geht.

Die 10 Kilo schweren Rucksäcke drücken auf dem Weg vom Bisisthal ins Ortstockhaus ganz schön auf den Schultern. Wie beneide ich die eleganten Gämsen, die auf den tief verschneiten Charrenfeldern um den Pfannenstock herumtollen. Wir beweisen uns im Wind- und Bruchharst weniger elegant. In Braunwald dann die Erlösung. Der Bancomat versorgt mich mit Geld und dank ÖV, den ich nun plane, reiten wir gemütlich auf die Mettmenalp hinauf. Als Tourenfahrer sind wir die Aussenseiter. Fischerruten, Eisbohrer oder Schneeschuhe sind hier angesagt. Wir schauen den Möchte-gern-Inuits mit ihren Ruten beim Eisfischen zu und gewöhnen uns an die gefühlten tausend Schneeschuhgänger. Glücklicherweise sind es mehr Ab- als Aufsteiger, so ist die Leglerhütte nicht überfüllt und anderntags gehört der Chli Chärpf uns und den Gämsen. Den letzten Blick vor der Abfahrt werfen wir auf den Höch Turm und den Ortstock, der Kanton Schwyz rückt aus dem Bild.

Heute gibt’s Besuch, unser Freund Ruedi stösst in Engi zu uns. Der Aufstieg zur Mühlibachtalhütte ist grotesk. Eine Lawine riss einen Wald mit, den wir jetzt mühsam überqueren, da eine Hasenpfote, dort Federn, an unseren Fellen und Skihosen klebt Harz. Für die Mühen belohnt uns Werner mit Spaghetti. Anderntags in der Spitzmeilenhütte dürfen wir selber kochen; was wir im Bauch haben, drückt nicht mehr auf den Schultern.

Aber kaum sind wir in Sargans, stürmen wir Pronto und Migrolino, packen Risotto, Würstli, Rösti, Eier, Butter, Brot und Confi in unsere Rucksäcke. Ich drücke mich so gut es geht…dazu hab ich doch zwei starke Männer. Es ist heiss und der Aufstieg auf’s Augstenhorn und hinunter zur Pfälzer Hütte, der einzigen Hütte im Ländle, ist schweisstreibend. Wir stehen früh auf, die Hänge auf die österreichische Seite, zum Nenzinger Himmel, sind steil und lawinengefährdet. Die Abfahrt ist ruppig und der Gegenaufstieg steil. Ruedi findet einen schönen Weg zur Chlei Furgga, Stefan kämpft vermeintlich mit dem Gelände. Ich steige hinter Ruedi her, es sieht so einfach aus bei ihm. Bis er nicht mehr da ist. Ich rufe und schreie und sehe Stefan gestikulierend auf der Furgga, unter ihm ein perfekter Sulzschneehang. Vor mir tut sich eine senkrechte Felswand auf, in der Ruedi heraufkraxelt. Nie und nimmer folge ich ihm da hinunter. Lieber nehme ich einen Abstieg und einen weiteren Aufstieg unter die Skier um zu Stefan auf der Furgga zu gelangen und von dort den Sulzhang hinunter zu schwingen.

Von jetzt an bleiben wir dicht zusammen, das Wetter wechselt, die Route von der Schesaplanahütte zur Schesaplana selber ist schwierig zu finden. Schneegestöber und Nebel zwingen uns zur Umkehr. Zurück zur Hütte oder ins Tal, das ist die Frage. Wir entscheiden uns für die zweite Variante. Stollen und Eisklötze auf dem Belag erschweren das Fahren. Es regnet und tropfnass kommen wir in St. Antönien an. Unser Hotelzimmer sieht aus wie eine Wäschetrocknerei, die heisse Dusche tut gut! Simon, Ruedis Sohn, kommt mit dem Bus an. Er bringt schönes Wetter und eine Hundertschaft Skitourengänger mit. Und so steigen wir sonntags zu Viert zum Rotspitz und Riedchopf auf und fühlen uns richtiggehend verfolgt. Die Abfahrt und der Empfang von unseren Freunden Adu und Jürg in Gargellen sind umwerfend. Doch das Wetter will nicht mehr. Auf dem Hinterbergjoch, auf dem Weg zur Tübingerhütte, müssen wir Forfait erklären. Wir fühlen uns verloren im Nebel, unglaublich, benötigen wir doch für die Abfahrt nach Gargellen länger als für den Aufstieg. Da kein stabiles Hoch mehr in Sicht ist, beschliessen wir vier Tage vor dem Ende die Tour abzubrechen. Stefan organisiert den ÖV, ich bin zu müde! Postauto und Zug bringen uns heim, respektive nach Scuol, wo wir weitere 4 Stunden später hundemüde in unsere Betten fallen.