63 – México – Baja California oder Wieviel Abenteuer ertragen wir?

24. September – 13. Oktober 2017

Route: La Paz > Playa Norte > Cabo San Lucas > Todos Santos > La Paz > Punta Conejo > Poza Grande > San José Comondú > Playa San Basilió > Loreto > Santo Domingo > San Juanico > San Ignacio > Vizcaina > Valle de los Cirios > Bahia de los Angeles > San Felipe > Ensenada (Valle de Guadalupe) > Popotla > Tijuana

Am Samstag, 14. Oktober 2017 verlassen wir México am Grenzort Tijuana und fahren in die USA. Wir heulen wie die Schlosshunde, es war so schön…

Unser Aufenthalt auf der Baja California liegt völlig in der Nebensaison, die grossen Touristenorte wirken ausgestorben wie unsere Skiorte im Mai. Vom Dezember bis März kommen die Grauwale zum Gebären und sich wieder vermählen und mit ihnen sind Tausende Touristen, die dem nordamerikanischen oder kanadischen Winter entfliehen, die Snowbirds, hier. Wir verpassen beide Spektakel, bekommen aber genügend andere.

Was uns an der Baja als erstes auffällt, sie ist nicht mehr das wahre México, das Farbige, das Fröhliche, sie ist bereits das Vorzimmer zu Nordamerika. Man kommt mit Englisch durch und bezahlt mit Dollar. Wir nicht, wir wollen noch etwas México, sprechen Spanisch und zahlen mit Peso, wo sind wir denn?

Wir wählen für unser letztes Abenteuer nochmals richtige 4×4 Pisten aus. Wir fahren eine abenteuerliche Route nach Cabo San Lucas. Die Gewitter im September haben nicht nur die Strände verwüstet, sondern auch ganze Stücke aus den Pisten herausgefressen. Arbeiter stehen in den Löchern, wir sehen nur die Köpfe, und buddeln die Strassen von unten nach oben wieder zu. Da heisst es vorsichtig fahren. Man könnte unsere ganze Randulina in einem Loch versenken, glücklicherweise gibt es genügend off-road- Umfahrungen.

Auf der Strecke von San Miguel nach San Xavier Comondú ist die Strasse weggewaschen. Umkehren wollen wir nicht, also nehmen wir die Strecke über die Berge. Kindskopfgrosse Steine, breite Längs- und Quergräben, das Gewitter hat ganze Arbeit geleistet. Ein Auto kommt uns entgegen, der Fahrer erklärt uns, er käme nicht mehr weiter und kehre wieder um. Für uns kein Problem, da wir genügend Bodenfreiheit haben. Auf Umwegen gelangen wir trotzdem noch zur alten Kirche von San Xavier und fahren auch hier wieder auf Umwegen weiter. Viele Bachdurchquerungen mit wenig Wasser aber vielen Steinen. Der „Strassendienst“ hat viel zu flicken bevor sich das nächste grosse Gewitter entleert. Irgendwo sind wir unsicher, die Einfahrt in den Bach ist etwas eigenartig, ich frage einen Bauer: Claro que sí! Tienen que cruzar el río, meint er. Ja aber 100m weiter, das sagt er nicht… so kommt es, dass wir am falschen Ort reinfahren, schon mit einem schlechten Gefühl. Stefan sagt noch, rückwärts geht’s dann nicht mehr. Aber wir wollen ja auch vorwärts, sage ich. Und dann geht gar nichts mehr, denn ein riesiger Steinblock liegt genau vor dem vorderen Differenzial und blockiert. Stefan schaufelt, der Bauer und sein Vater schaufeln auch, alle schaufeln fast 2 Stunden, bis der Steinblock entfernt werden kann. Dann ist es ein Kinderspiel und unser letzter Victorinox Hegel hat einen neuen Besitzer.

Zwei Abende später nerve ich mich über die vielen Wespen während ich einen Hefeteig knete. Ich lass den Teig gehen und bummle zu Stefan, der mit dem Fotoapparat ganz gebannt am Strand steht. Mich schüttelts, mich frierts, mich schauderts, ich sehe nur ein Gewirr, einen Knäuel. Zwei Schlangen kämpfen um Leben und Tod. Es sind keine Giftschlangen, keine stirbt, aber die Siegerin frisst ihre Gegnerin bei lebendigem Leib. Wir stehen da und schauen dem Treiben zu. Fast zwei Stunden und dann, als noch 30cm der gefressenen Schlange aus dem Maul der Fresserin heraus“lampen“, wir fassen es kaum, geht ein nervöses Zucken durch die Schlange und die Gefressene entschlüpft dem Maul ihrer Rivalin und ist im wahrsten Sinne des Wortes wiedergeboren. Was für ein seltenes Schauspiel wir miterleben durften.

Oh, mein Hefeteig ist in der Zwischenzeit wahrscheinlich ganz toll aufgegangen nur kann ich nicht ins Auto zurück. An unserem Auto hat sich ein Wespennest gebildet. Wir haben vergessen, den äusseren Wasserablaufhahn zu schliessen, nun feiern die Wespen zu Hunderten an unserem Süsswasser Happy Hour. Stefan klettert über die Fensterscheibe ins Auto um Chlor ins Spülbecken zu kippen. Vielleicht verschwinden die Wespen dann. Nein, nützt nichts… ich schreie: „Hol den Feuerlöscher“! Stefan spritzt die Wespen mit dem Feuerlöscher ab, das nützt für den Moment, so dass wir umparkieren können, denn sie haben sich auch unter dem Auto in die Erde gegraben und schwärmen von da immer wieder aus. Wir versuchen es nochmals mit Chlor, ich tränke einen Lappen und binde ihn um den Ablaufstutzen. Die Wespen werden definitiv aus ihrer Bar vertrieben. Das war ein gestrichenes Mass an Abenteuer und unseren feinen Hefeapfelstollen genossen wir völlig k.o. Was hatte der Muschelsammler vorher zu uns gesagt? „Está muy tranquilo por aquí, disfruten la noche!“ (Hier ist es sehr ruhig, geniesst den Abend).

Immer wieder begegnen wir Muschelsammlern, das Fleisch der Muscheln dient als Köder für die Lobsterfischer. Überall liegen Abfallberge mit Muschelschalen, überall fischelt es etwas. Doch irgendwann dünkt es uns, dass es auch bei uns im Auto fischelt. Anhalten, alles checken, nein wir finden weder Fisch noch Vogel. Den Ameisen haben wir uns doch schon entledigt und deren Leichen würden sicher nicht so stinken. Draussen kommt ein Salzsee, aha, der Geruch kommt wohl von da. Doch abends beim Übernachten stinkt es immer noch so grässlich. Der Kühlschrank, nein, der funktioniert tadellos. Wie Spürhunde schnüffeln wir herum. Stefan findet die Stinkquelle unter dem Fahrersitz, wo zwei Batterien verstaut sind. Eine davon leckt und ist heiss. Das hätte bald Feuer unterm Hintern gegeben. Nachts um 10 Uhr baut er die lecke Batterie aus, hängt alles wieder notdürftig zusammen, damit wir Strom haben und am nächsten Morgen wird dann die dritte Batterie aus der Kabine unter dem Sitz montiert und alles wieder richtig verkabelt. Das Solarpanel lädt, der Strom wird gespeichert, der Kühlschrank kühlt unsere Eiswürfel für den täglichen Caipi, alles wieder tadellos. Für die nächste Zeit bitte etwas weniger Aufregung!

Mit mehr Genuss ist der baldige Abschied aus México verbunden. Im Valle de Guadalupe kutschieren wir von Weingut zu Weingut und degustieren Malbec und Zinfandel und diverse weitere. Unser kleiner „Weinkeller“ im Auto ist nach dem Besuch wieder gut gefüllt. Auch wenn wir wissen, dass Kalifornien guten Wein produziert, so haben wir doch viele gute Erinnerungen mit an Board.