62 – México – Norden

08. September – 23. September 2017

Route: Acapulco > Nexpa > Vulkan Colima > Tequila > Guadalajara > Zacatecas > Parque Nacional Sierra de Órganos > Durango > Mazatlán

Wie uns Elvis Presley und Wildwestfilme in unserer weiteren Reiseplanung beeinflussen…

Unsere Reiseplanung ist weder rollend noch fixiert, die Grobziele und die uns zur Verfügung stehenden Daten sind einigermassen festgesteckt. Es soll einfach dem schönen Wetter nachgehen, denn Regen und zu grosse Kälte sind nicht die einfachsten Reisebegleiter. Aufgrund von Tipps anderer Reisenden oder Einheimischen, weil das Wetter nicht stimmt oder wir ein Übermass an Wärme oder Kälte obenauf haben, wird die Route angepasst.

Acapulco liegt überhaupt nicht auf unserem Pfad, doch weil ich da schon als Teenie unbedingt hinwollte, machen wir einen langen Umweg. Im Hochland wird es uns zu kühl und zu unstabil, die Sonne lacht nur morgens und nachmittags ist es regnerisch. Also ab an den Pazifik, wo es heiss und klebrig feucht ist.

Acapulco, dessen Boomzeiten seit langem vorbei sind und erst seit 10 Jahren wieder etwas Aufschwung erlebt, da die Militärpolizei den Drogenumschlagplatz und die damit verbundene Kriminalität rigoros aufgeräumt hat und immer noch mit einem Übermass an Präsenz vertreten ist, wirkt ausgestorben-Nebensaison. Leere Hotelburgen säumen die endlosen Strände, die Lage der Stadt ist traumhaft, wir kurven der Panoramastrasse entlang, eine Bucht an der anderen mit Millionärsvillen an Toplagen. Wir beziehen mitten im Kuchen ein kleines Hotel mit einem grosssen Parkplatz für unser Auto. Doch wir sind nicht wegen Stränden und Happy Hour Lokalen hierher gekommen sondern wegen Elvis Presley. Er hatte im Film „Fun in Acapulco“ die Hauptrolle inne und nebst der obligaten Liebesgeschichte mit Ursi National (Ursula Andress) spielen da die ´Clavadistas´ die Hauptrolle. Das sind jene kühnen Männer, die von einer 35m -45m hohen Klippe in die Quebrada hineinspringen. Die 7m breite Bucht ist nur 4m tief. Der legendäre Schweizer Swingmusiker Teddy Stauffer verhalf dem damals noch unorganisierten Haufen zu Weltruhm indem er sie professionalisierte. Wir stehen auf der Zuschauerplattform, der Schweiss rinnt in Bächlein an uns herunter, pralle Sonne 40Grad und 90% Luftfeuchtigkeit. Dazu sorgen die kühnen Springer für einen Adrenalinschub, sie hüpfen behende an uns vorbei, springen lässig ins kochend wirkende Wasser, klettern wie Ziegen auf der anderen Seite die Klippe hinauf, verrichten ihr Gebet bei der Virgen de Guadalupe und stürzen sich bei Ankunft einer grossen Welle in die schmale Runse hinunter. Je höher die Welle umso tiefer das Wasser. Mit gekonnten Köpflern, Saltos und am Schluss mit einem Rückwärtssalto. Unglaublich. Und das Schönste, abends in der Dunkelheit das ganze Spektakel mit brennenden Fackeln. Der absolute Wahnsinn der seit 1934 täglich bei guter Witterung stattfindet, hat noch nie Tote gefordert. Nach vollendeten Sprüngen geht jeder seinem Beruf nach und gibt die Technik an jüngere Familienmitglieder weiter, ab 7-jährig wird trainiert, die jüngsten Springer sind zwischen 12-15 jährig. Wir lernen wenig später einen jungen Kerl kennen der zwar nicht springt, aber Bus fährt. Und wie der dem Malecon nachfährt ist wahrscheinlich lebensgefährlicher als jeder Sprung eines Clavadistas. Die Kapuze hochgezogen, die Zigarette lässig im Mundwinkel, die Technomusik auf Stufe 11 von 12, der Flachbildschirm liefert die Raverparty in die hinteren Sitzreihen und verdeckt gefühlte 50% der Frontscheiben. Ich würde unserem kleinen Buspiloten gerne ein Kissen unter den A**** schieben, damit er mehr sehen könnte, aber er macht das ganz locker, malträtiert den Gangstock so, dass unsere Randulina uns wegen Missbrauchs verklagen würde, legt den alten Schulbus in die Kurve, jagt wie bei einer Verfolgungsjagd auf der leeren Strasse der Hotelmeile entgegen. Und doch vermag er bei jeder Haltestelle zu stoppen, die Musik leiser zu stellen und den Wartenden freundlichst zu fragen, wohin er wolle und dass dies der falsche Bus sei, doch der nächste komme in 5min. Uns lädt er am richtigen Ort aus und fragt, ob die Fahrt angenehm war. Sicher doch, soviel Spass hatten wir lange nicht mehr an einem Abend. Das Überleben begiessen wir mit einem Schluck Tequila im Hotelgärtli.

Tja, was wäre México ohne Tequila? Das wollen wir in der Stadt Tequila selber sehen. Hier gibt es alles rund um den mexikanischen Schnaps, sogar Glacé. Im Gegensatz zum Mezcal darf nur Tequila genannt werden, was in einem genau definierten Gebiet angebaut und gebrannt wird. Das Ausgangsprodukt und der Verarbeitungsprozess sind dieselben, nur dass der Tequilaprozess weitgehend industrialisert ist. Wir nehmen’s gemütlich und nehmen an einer organisierten Führung teil. Es geht durch Plantagen wo die Agaven hellgrau-grünlich aus der roten Erde schimmern und durch eine Distillerie, unsere Führerin weiss anekdotenreich zu berichten und nach der Degustation ohne Salz, mit Salz, ohne Zitrone, mit Zitrone und schliesslich einer Kombination aus allem, sind wir eine sehr lustige Gesellschaft auf dem Wagen.

Weniger lustig ist dann der 19. September als Mexico City und Puebla von einem schweres Erdbeben erschüttert werden. Die Fahnen stehen auf Halbmast und während wir unser 3-jähriges Reiseabenteuer mit einer Flasche Rotwein und einem Cordon-Bleu bei Charly feiern, zeigt das Fernsehen die Bilder der Zerstörung. Zu allem Unglück hätten an diesem Tag in Mexico City theoretische Evakuationen im Falle eines Erdbebens geübt werden sollen. Aus der Übung wird Ernstfall und das Datum scheint es in sich zu haben; das letzte verheerende Beben war am 19. September 1985.

In Zacatecas feiern wir unseren 33sten Hochzeitstag und schlendern gemütlich durch die alte Kolonialstadt, wo früher Silber abgebaut wurde, bevor ich in der Sierra de Órganos beim Wandern durch die bizarre Landschaft fast auf eine Klapperschlange getreten wäre.

Den Abschluss auf dem „Festland“ feiern wir in Durango mit einem Banküberfall. Bereits die Sierra de Órganos war perfekte Kulisse für zahlreiche Westernfilme und in Durango wurden einige Wildweststädtchen als weitere Kulissen aufgebaut. Da sitzen wir also im Saloon und vor unseren Augen wird die Bank ausgeraubt und die Postkutsche jagt vorbei. Zeit für uns, diese rauhe Gegend zu verlassen und in Mazatlán nach La Paz auf die Baja California zu verschiffen.