61 – México – Prähispanische Kultur

19. Juli – 07. September 2017

Eigentlich wollten wir nicht alle prähispanischen Steinhaufen besichtigen… doch sie haben uns mehr in den Bann gezogen, als wir uns ursprünglich vorgestellt haben. Wer sich für die genauen Details interessiert, schaue doch bitte unter Wikipedia nach. Ich möchte hier keinen Detailbericht schreiben, sondern mehr unsere Eindrücke festhalten und Fotos sprechen lassen.

Die grossen präshispanischen Hochkulturen sind teilweise bereits vor den Spaniern untergegangen. Über den Untergang kann, wie bei vielen Kulturen, nur spekuliert werden – Überbevölkerung, Dürren die zu Ernteausfällen führten und letztlich Machtverlust der Priester und Abwanderung der Bevölkerung. Einige wurden von den Spaniern niedergemetzelt, unterdrückt und letztlich zur Machtdemonstration zerstört oder überbaut. Gold- und Silberschmuck wurde eingeschmolzen, der Gier der spanischen Krone und der Konquistadoren war nichts heilig, man schmückte die Kirchen in Neuspanien mit prunkvollen goldenen Altaren und Spanien finanzierte sich mit den Edelmetallen der Neuen Welt. Und doch gibt es immer noch Neues zu entdecken. Einmal waren wir gerade dabei, als Archäologen ein Skelett freilegten (Fotografieren war nicht gestattet). Unter den bewachsenen Hügeln liegt immer noch viel verborgen. Ein grosses Tummelfeld für Jungarchäologen und Ethnologen.

Etwas ausserhalb von Oaxaca liegt Monte Albán. Während der Blütezeit zwischen 500-600nChr. lebten hier etwa 25‘000 Menschen. Wir waren von der schieren Grösse erschlagen. Die Plaza misst 200x300m und wird flankiert von religiösen Plattformen. Die Aussicht von den Tempelgebäuden ist phänomenal: Oaxaca und weitere moderne Siedlungsgebiete. Ein weiteres Detail, das uns fasziniert sind Flachreliefs, die kastrierte und unter Drogen stehende Gefangene darstellen. Den Grabschmuck bewundern wir später im Museum Santo Domingo in Oaxaca.

In Mitla fühlen wir uns irgendwie in Griechenland. Die zahlreichen Mäanderverzierungen sind in erstaunlich schönem Zustand, obwohl die Spanier hier gute Abrissarbeit leisteten, um mit den Steinen die katholische Kirche aufzubauen.

Ausserhalb von Mexico City liegt die Stätte Teotihuacán. Bis 600nChr. war diese Stadt das einflussreichste politische und religiöse Machtzentrum Mittelamerikas. Hier gilt es früh aufzustehen. Die Sonne brennt unerbittlich und Schatten gibt es nirgends. Eine 2km lange und 45m breite Prachtsstrasse führt durch die Stadt, die marschieren wir ab um zum imposanten Quetzalcóatl Tempel zu kommen. Eindrücklich diese gefiederte Schlange aus dem Quetzalvogel und der Klapperschlange. Bevor die Menschenmassen kommen, besteigen wir die Mond- und später die Sonnenpyramide. Der Steinhaufen misst in der Grundfläche 220x225m und ist 63m hoch. Unvorstellbar, wieviele Steine hier übereinandergeschichtet wurden. Die meisten Pyramiden sind vollauf gefüllt und weisen keine Kammern auf. Doch was uns hier am meisten beeindruckt, sind die Wohnungen der Menschen. Alle verfügten über frisches fliessendes Wasser und über ein Abwassersystem. Etwas, wovon viele Mexikaner auch heute noch nur träumen können.

Nach Möglichkeit besuchen wir sonntags weder Museen noch archäologische Anlagen, dank Gratiseintritt für alle Mexicaner ist nämlich an diesem Wochentag das Besucheraufkommen extrem. In Tula geht es nicht anders. Zu allem Unglück liegt Tula auch noch in guter Erreichbarkeit der Hauptstadt. Hier trugen fast 5m hohe Atlanten ein Tempeldach. Doch Sonntag bedeutet eben auch Familienausflug. Ein Grossaufgebot an Souvenirverkäufern schwirrt herum. Sie blasen uns auf Teufel komm raus auf ihren Jaguarpfeifen die Ohren wund, Verkäuferinnen bieten ihr Kunsthandwerk aus allerlei Perlen, Stickereien und aufwändigen Handarbeiten zu Ausverkaufspreisen an. Mädchen posieren wie Models vor den Ruinen während die Buben mit stolz geschwellter Brust, die bereits vom Bauch übertroffen wird, kunstvoll verzierte Pfeilbogen durch die Ruinen tragen. Die Selfiesticks sind das wohl am meisten gefragte Souvenir. Wenn das Familienfoto im Telefon gespeichert und somit der Ausflug für die Mitwelt dokumentiert ist, geht’s ab zur Imbissbude. Hier heisst es Hauptsache frittiert, also Chips in Varianten (Bananen / Kochbananen / Kartoffel), das obligate Chicharron (frittierter Tierhaut / Rücken- oder Bauchspeck), zum Dessert eine Glacé oder Fruchtsalat pikant gewürzt mit Salz, Chili und Zitrone. Gespült wird von Erwachsenen mit Michelada, Bier, das mit Tomatensaft, Maggi und weiteren Gewürzen aufgemotzt wird und natürlich Coca-Cola. Ohne dieses Überlebensgetränk geht gar nichts. Wen wunderts, dass der Staat riesige Anstrengungen gegen Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck unternimmt.

Im tropischen Vanilleanbaugebiet von Papantla, am Golf von Mexico, geht’s gemütlich zu. Hier befindet sich die kleine aber feine Anlage El Tajín, die mit ihren Nischenpyramiden zu verzaubern weiss. Avocadobäume vermögen etwas Schatten zu spenden, Frauen verkaufen Vanille und ein betörender Duft liegt in der Luft.

Dies war von allen unsere Lieblingsstätte, denn sie ist so völlig anders als alle anderen, übersichtlich und ruhig.