60– México – Natur

19. Juli – 07. September 2017

Route: Sima de las Cotorras > Cascada Aguacero > Bahia San Agustín > Hierve el Agua > San José del Chilar (Reserva Guacamayas verdes) > Vulcan Malinche > Paso de Cortés > Santa Maria Regla (Prismas Basalticos) > Costa Esmeralda > Sótano de las Golondrinas > Sótano del Barro > Bernal > Grutas de Tolantongo > Angahuan (Vulcan Paricutín)

In diesem Bericht sind wir sportlich unterwegs, daheim wollen wir skifahren, doch in Mexico machen wir das Oberschenkeltraining dazu. Soviel gewandert und Treppen gestiegen sind wir schon lange nicht mehr. Die Natur hat viel Interessantes zu bieten.

Für’s erste können wir aber direkt zum Naturspektakel hinfahren und dort auch übernachten. Bis das Programm beginnt, spazieren wir einmal um eine Einsturzdoline, von denen es in diesem Karstgebiet einige gibt. Im Biosphärenreservat El Ocote, das wir via steile Passstrassen erreichen, läuft ein witziges Abend- und Morgenprogramm ab. Kurz vor der Dämmerung stürzen sich mit lautem Gekreisch hunderte kleiner grüner Papageien (Aratinga holochlora) in eine 140m tiefe Einsturzdoline, verbringen dort die Nacht um sich morgens nach Sonnenaufgang mit der Thermik wieder nach oben zu schrauben und den Tag mit Nahrungssuche verbringen. Die senkrechten Felswände ermöglichen ihnen, eine praktisch gefahrlose Aufzucht der Jungvögel. Die Umrundung der Doline ist ein beschaulicher Spaziergang, der nichts am Hut hat dem kommenden Erlebnis, das 728 Treppenstufen hinunter zum Wasserfall Aguacero führt. Mich faszinieren mehr die senkrechten Felswände, der Fluss steht hoch und braun vom Regen und der Wasserfall ist nicht so einfach zu bewundern. Stefan geht einige Risiken ein und trägt den Fotoapparat durchs Wasser und die spritzende Gischt, während ich ein Sonnenbad geniesse.

Das Treppenstufensteigen geht bereits als erstes Skitraining durch, von dem wir uns am Pazifik an der Bahia San Agustín prächtig erholen. Schwimmen ist undenkbar, denn das Mar de fondo, eine Naturerscheinung, die im Zusammenhang mit Temperatur und bedecktem Himmel steht, beschert uns zu hohe Wellen. Aber weil El Capi so delikates Essen kocht, bleiben wir hängen. Es gibt Fisch im Bananenblatt und Shrimps an Guajillo Chilli Rotweinsauce.

Aber ja, ich wollte von unserern Skivorbereitungen erzählen. In einem winzigen Dorf, das sich dem Ökotourismus verschrieben hat, starten wir unsere nächste Wanderung. Schweisstreibend aber gemütlich wandern wir von San José del Chilar mit einem Führer durch Mesquite- und Kakteenwälder bergan und dann bergab zu einer Schlucht, wo sich wiederum Papageien zum Schlafen einfinden. Diesmal sind es aber die grossen Guacamayas verdes mit ihren unglaublichen Farben. Da wir höher sind als die Flugkünstler, die pünktlich um 18.30 Uhr eintreffen, können wir die Farbpalette von Flügel- und Schwanzfedern perfekt beobachten. Ara militaris mexicanas bleiben einander ein Leben lang treu und ziehen ihre Jungen, meist eins höchstens zwei, gemeinsam auf. Tagsüber fliegen sie aus um abends in ihre geschützten Schlafplätze zurückzukehren. Sie in den Bäumen tagsüber auszumachen ist ein Ding der schieren Unmöglichkeit, sie sind perfekt getarnt. Mit farbigen Erinnerungen kehren wir in der Dunkelheit ins Dorf zurück, wo man uns mit Tacos an einer delikaten Chilisauce erwartet.

Eine Wanderung um 4Uhr morgens zur zweitgrössten Doline der Welt, dem Sótano del Barro mit 455m Tiefe, beglückt uns nebst einem Sonnenaufgang nochmals mit farbenfrohen Ara militaris und ist wiederum ein einzigartiges Erlebnis.

Viele Vögel suchen sich solche spezielle Nist- oder Schlafplätze aus. Wir erleben nochmal etwas ähnliches beim Sótano de las Golondrinas (512 m tief) , tausende Schwalben schwärzen den Abendhimmel. Mit lautem Gezwitscher formieren sie sich für den spektakulären Sturzflug in den engen Dolinentrichter, in den sie sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit hineinstürzen. Uns bleibt ein zischendes Geräusch und der Eindruck, Frau Holle würde Pech verschütten. Bei Sonnenaufgang wiederholt sich die Flugshow in umgekehrter Richtung während wir flügellahm durch den Wald hinaufsteigen um an der Sonne Kaffee zu trinken.

Aber es geht auch ohne Vögel. Unsere Reisefreunde Mirjam und Abraham haben uns vom Vulkan Malinche vorgeschwärmt, so dass wir es ihnen nachmachen wollen.Um 6Uhr früh starten wir steil in die Dunkelheit hinaus. Allmählich beginnt das Leben, Eichhörnchen huschen vorbei, Vögel trällern, die Sonne geht auf, wir wandern im dichten Wald dessen Grenze wir zwei Stunden später erreichen. Um 10 Uhr erreichen wir den Gipfel, der uns eine unglaubliche Sicht über Landschaft und den in der Ferne rauchenden Popocatépetl ermöglicht. Vergessen sind die Strapazen des Geröllfeldes und der Felsblockzone. Wir stehen auf 4436müM und fast 1500 Höhenmeter unter uns liegen riesige Hochebenen und unser Campingplatz. Ab 11 Uhr ziehen Wolken auf, schnell das Picknick in den Rucksack packen und den steilen Abstieg unter die Füsse nehmen und die Landschaft, die uns stark an die Mythenregion erinnert geniessen. Zwei Stunden später stehen wir unter der wohl heissesten Dusche, die wir in diesen drei Jahren je gehabt haben, angenehm, denn es ist bitterkalt obwohl die Sonne scheint.

Auf dem Paso de Cortés (3692müM) erleben wir unsere kälteste Nacht in Mexico. Wir heizen und bald stellt sich ein heimeliges SAC Hüttengefühl ein. Der Popocatéptl (5436müM) raucht draussen vor sich hin, doch trotz seiner Wärme hat er sich über Nacht mit einem weissen Leinentuch zugedeckt. Seine schlafende Freundin Iztaccíhuatl (5230müM) sieht ebenfalls sehr verfroren aus.

Dann wandeln wir ein wenig auf Alexander von Humboldts Spuren und steigen wieder Treppen um die bis zu 40m hohen Basaltsäulen in Santa Maria Regla zu bewundern. Basaltsäulen dieser Höhe sind extrem rar und Prismaformationen entstehen nur, wenn flüssige Lava im Wasser erkaltet. Die Vulkane lassen uns nicht so schnell los. Während des grossen Erdbebens von Oaxaca und Chiapas klettern wir über das Lavafeld des Vulkanes Paricutín, der in den 1940er Jahren sehr aktiv war und 1943 zwei Dörfer unter sich begrub. Alle Bewohner konnten vorher umgesiedelt werden und deren Nachkommen leben heute nicht schlecht vom Vulkantourismus.

Nach einem erneuten Erdbeben das diesmal Mexico City und Puebla trifft, wollen wir uns das Szenario eines Ausbruchs des Popocatéptl lieber nicht vorstellen.