19. Juli – 07. September 2017
Route: San Cristóbal de las Casas > Oaxaca > Puebla > Cholula > Querétaro > San Miguel de Allende > Guanajuato > Morelia
Mexico bietet barocke Kolonialstädte ohne Ende. Schachbrettartige Grundrisse, prunkvolle Kirchen, herrschaftliche Häuser und rund um die Hauptplätze repräsentative Regierungspaläste, Brunnen, schattige Plätzchen, Laubengänge und Zierrat je nach Reichtum der jeweiligen Orte sind allen gemeinsam. Jede Stadt hat ihren eigenen Charme. Das Klima in diesen Städten ist dank der Höhenlage zwischen 1500 und 2200 Metern sehr angenehm, obwohl wir uns immer noch in den Tropen befinden. Ich will mich nicht lange darüber auslassen, Wikipedia bietet alle nötigen Informationen für jene unter euch, die es genauer interessiert. Viel mehr gibt es kleine Geschichten und viele Bilder.
In San Cristóbal muss ich zuerst meine Bauchgrippe auskurieren, ich fühle mich wie ein Waschlappen. Mein Bauch braucht einige Tage Ruhe und ich wahrscheinlich auch. Seit längerem sind wir nirgends mehr länger stehen geblieben. Die Neugier trieb uns immer weiter fort. Der erste grössere Ausflug führt uns nach San Juan Chamula, einer Wallfahrtsstätte der hier heimischen Urbevölkerung. Die Kirche ist klein, der Platz davor riesig. In der Kirche fehlen die Kirchenbänke, dafür duftet es nach den am Boden liegenden Piniennadeln. Hierauf sitzen und knien die Gläubigen mit grossen Picknickkörben und – mit einem Hahn oder einer Henne. Es werden Gebete gemurmelt, das Geflügeltier wird über ein krankes oder unglückliches Familienmitglied geschwenkt und irgendwann wird dem Vogel der Hals umgedreht, alles mit Weihrauch und Posh (Schnaps) besprenkelt und alles wird gut! Ein aberwitziges Schauspiel für uns, eine tief religiöse Zeremonie für die Indigenas.
Die mexikanische Küche besteht aus weit mehr als nur Tacos und Enchiladas. So geniessen wir in Oaxaca (vor dem Erdbeben) die legendäre Mole Poblano in Varianten. Eine pikante Sauce mit mehr als 20 Zutaten inklusive Cacaobohnen zu Poulet… Stefans neues Lieblingsgericht. Da sich in Oaxaca ein toller Platz zum Übernachten befindet, nutzen wir dies aus: Stadtbesichtigung, Reifenrotation und Spureinstellung bei Randulina, Auffüllen unserer Gasvorräte dank Calvins Kreativität, Ruinenbesuch auf Monte Alban und mit anderen Overlandern und den Gastgebern Leanne und Calvin Abendessen und diskutieren. Und das Beste zum Schluss, wir erleben eine mexikanische Maria Himmelfahrt. Die Marienverehrung ist gigantisch, die Feste ihr zu Ehren ebenfalls. Pappmachéfiguren mit Knallkörpern werden tanzend durch die Gassen getragen, eine bunte Kakophonie diverser Musikgesellschaften und gratis Mezcal für ALLE. Auf dem Zócalo wieder Tänze mit Chlöpfzeug, das sich mit unserern Sicherheitsvorschriften nie durchführen liesse. Das Finale besteht aus einem Riesenfeuerwerk auf einem Bambusturm, wie wir es auch schon in Peru gesehen haben. Hauptsache es knallt und am Schluss erscheint uns allen die Heilige Maria.
Gut gesegnet geht die Reise an den Agavenfeldern der Mezcal Orte vorbei, wo wir in den Genuss der handwerklichen Herstellung kommen. Doch Mezcal wird nicht unser Lieblingsgetränk; auch der nicht, in dessen Güte eine eingelegte Agavenraupe, zu Tode besoffen, schwimmt.
Puebla lockt mit seiner typischen blau-weissen Talaverakeramik und wieder einmal können wir nicht widerstehen und tragen schwere Fundstücke nach Hause. Immer wieder spielt die Stadt ihre Reize aus und Stefan muss die Tasche abstellen um die Zuckerbäckerhäuser abzulichten. Flohmärkte überall und ohne Grenzen, nebst Kitsch ein ein wenig Kunst, nebst Antiquitäten ein wenig Vintage. Puebla bietet allen etwas, vorallem samstags läuft das volle Leben. Die saisonale Spezialität ist Chile en Nogada. Eine süss-salzig gefüllte leicht pikante Chili mit einer Baumnussrahmsauce und Granatapfelkernen. Die Geschmacknerven werden gereizt wie bei der Mole, ich hab doch kein Dessert bestellt! Dieses Gericht ist eindeutig mein Favorit der mexikanischen Küche und unvergleichlich, gleichzeitig stellt es die Nationalfarben GRÜN-WEISS-ROT dar.
In Cholula, wo die barocke Kirche auf eine prähispanische Pyramide gebaut ist um die spanische Vormachtstellung zu beweisen und den Widerstand der einheimischen Bevölkerung zu brechen, ist sonntags der Teufel los. Voladeros kreisen in der Luft. Die 4 an Seilen festgebunden Flieger verkörpern die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde und mit 13 Umdrehungen fliegen sie dem Boden zu, begleitet von Pfeifen- und Trommelklängen des fünften Mannes, der die Sonne verkörpert. 4x 13 ergibt die 52 Jahreswochen des zapotekischen Kalenders.
Querétaro punktet mit riesigen Plätzen, die von kunstvoll geschnittenen schattenspendenden Hecken eingerahmt werden und einem Äquadukt, der im 18. Jahrhundert zur Wasserversorgung erstellt wurde und die vielen Stadtbrunnen bewässert.
In San Miguel de Allende fühlen wir uns in die Toskana versetzt, und die Preise bewegen sich im gleichen Segment. Die hier lebenden Kanadier und US-Amerikaner haben San Miguel zu einer lebenden Puppenstube renoviert. Das Klima ist herrlich, nicht zu heiss, nicht zu kalt, das Ambiente kunstvoll künstlich. Am Zócalo sitzend beobachten wir das pulsierende Leben.
Guanajuato, der Kontrapunkt zu San Miguel eine mexikanisch farbige Bergwerksstadt, lotst den Verkehr durch Tunnels, teilweise sind es ehemalige Stollen Wir schlendern in den engen Gassen bergauf und –ab und erleben eine der vielen Prozessionen irgend einer Seilschaft Jesú Christi. In Mexico lässt sich täglich ein Heiliger feiern und durch die Gassen tragen. Es wird getanzt, gelacht, gelebt. Der Ausblick vom Pipila Monument zeigt uns ein buntes Häuserkaleidoskop.
Und als letzte dieser hübschen architektonischen Juwelen vermag uns Morelia zu begeistern dessen breite Prachtsstrassen für den Unabhängigkeitstag beflaggt werden und in denen Studenten einen Sitzstreik durchziehen während die Polizei den Verkehr sorgsam in andere Strassen lenkt. Auch hier füllt ein Äquadukt die Stadtbrunnen und Ismael der Besitzer des Parkplatzes, wo wir nachts schlafen unseren Früchtekorb mit delikaten Avocados und als Start in den Tag bringt er uns das Zmorge praktisch ans Bett. Gelebte Gastfreundschaft!
Alle diese Städte bestehen natürlich nicht nur aus den touristisch interessanten historischen Zentren sondern aus grossen Vor- und Wohnstädten rundherum, die sich wie Krakenarme ausbreiten. Diese Quartiere meiden wir im Normalfall. Aber klar, mechanische Werkstätten befinden dort im Gewusel drin.