44 – Südperu Gastbericht von Ruedi Kümin

15. Juli – 14. September 2016

Route: Lima > Ayacucho > Cusco > Machu Picchu > Rainbow Mountain > Puna > Colca Canyon > Arequipa > Lima

Unsere Reise durch den Süden von Peru verdanken wir unseren Freunden Iris und Stefan Zehnder. Seit zwei Jahren sind sie unterwegs in Südamerika mit ihrer Randulina (Schwalbe). Sie haben uns eingeladen, sie in einem gemieteten Allradcamper eine Zeitlang zu begleiten, und nach einiger Bedenkzeit haben Brigitte und ich uns auf das Abenteuer, den Spuren der Inkas zu folgen, eingelassen.

Am Abend des 15. Juli landeten wir in Lima und wurden dort von unseren sprachgewandten Profireisefreunden herzlich empfangen. Auf der 50 km langen Taxifahrt zum Hotel in Miraflores machten wir zum 1. Mal Bekanntschaft mit der Fahrweise der Peruaner. Wer die stärksten Nerven hat, hat Vortritt, ob bei Fussgängern, am Rotlicht oder an der Kreuzung. Ja, Prost habe ich gedacht, das kann ja heiter werden. Und es wurde heiter, weil ich fahrtechnisch sehr schnell zu einem Einheimischen geworden bin.

Nach 2 Tagen Aufenthalt in der 10 Millionen Metropole, deren Kolonialrestbestände in der Altstadt zum UNESCO Kulturerbe zählen, übernahmen wir unseren Camper in San Bartolo. Auf der Panamericana fuhren wir gen Süden nach Chincha Alta zum Grosseinkauf. Unser Camper war eher dürftig ausgestattet. Gut ausgerüstet mit Lebensmitteln, Wasser und den Hausratsergänzungen begann unsere Reise abseits der Hauptverkehrswege Richtung Ayacucho.

Die 1. Nacht verbrachten zum Akklimatisieren auf „nur“ 2000m über Meer. Schon am nächsten Tag fuhren wir in Höhen weit über 4000 Meter Höhe. Mit Schrecken stellten wir fest, dass unser Tank schon zu 2/3 leer war. Iris, das sprachgewandte Organisationstalent, beschaffte uns in einem kleinen Laden bei einer Indiofrau 30 lt Diesel.

Obwohl wir uns auf kalte Nächte eingestellt hatten, wurden sie zu einer echten Herausforderung für uns, ganz besonders für Brigitte. Minus 10 Grad, alles war jeweils am Morgen eingefroren. Nach fünf bitterkalten Nächten auf dem Altiplano kam uns Ayaccucho auf 2761 m fast vor wie das Tessin bei uns. Ein besonderes Erlebnis in dieser sehr schönen Kolonialstadt war der Besuch des riesigen Hallenmarktes. Für uns Westeuropäer ist es kaum zu fassen, was da alles verkauft wird. Und auch wie es verkauft wird, machte mir Eindruck. Scheinbar ohne jegliches Konkurrenzdenken.

In drei Tagesetappen fuhren wir weiter nach Cusco. Die fantastische, karge Landschaft mit unzähligen tiefblauen Seen, die abenteuerlichen Strassen mit Ausblick auf schneebedeckte 6000er Berge, die angenehmen Tagestemperaturen und die Gewissheit, dass uns Stefan jeden Abend an einen schönen Ruheplatz lotste, entschädigten uns reichlich für die Nächte, die auch unter der warmen Decke, die wir in Ayacucho gekauft hatten, kalt blieben. In der Mitte unserer Reise erreichten wir den Nabel der (Inka)Welt: Quosco, heute Cusco. Von hier aus regierten die Inkafürsten das zu seiner Blütezeit über 1 Million Quadratkilometer grosse „Reich der vier Regionen“. Unser Campingplatz befand sich in unmittelbarer Nähe von Sacsyhuaman. Das ist neben Machu Picchu die imposanteste Kultstätte der Inkas. Das massive Bauwerk besteht aus drei übereinanderliegenden Zickzackmauern. Diese symbolisierten die drei Welten im Inkaglauben: Kay Pacha, die Welt der Menschen, Hunan Pacha, die Welt der Götter und Ukhu Pacha, die Unterwelt. Wenn man bedenkt, dass die Inkas weder das Rad noch andere Fortbewegungsmittel gekannt haben, ist es fast unvorstellbar, wie sie es fertiggebracht haben, zum Teil übermannshohe Quader auf diese Anhöhe zu schaffen. Der Steinbruch dafür befindet sich in 20 km Entfernung. Diese Quader wurden kunstvoll behauen, bis sie fugenlos aufeinander geschichtet werden konnten. Ohne Mörtel.

Das Angebot an Souvenirs in Cusco ist riesig. Laden an Laden, Strassenhändler zu Hunderten, Boutiquen fast wie bei uns an der Zürcher Bahnhofstrasse machen es einem schwer, sich zu entscheiden. Unsere Frauen haben diese Herausforderung bravourös gemeistert, und am Schluss waren alle glücklich mit der getroffenen Wahl.

Von Cusco aus reisen täglich Heerscharen von Touristen mit dem Zug durchs Urubambatal nach Machu Picchu. Wir fuhren in unseren Campern durch das fruchtbare grüne Valle Sagrado, das Heilige Tal. Eindrücklich war auch der Abstecher zu den Salinas von Maras. Diese Salinen sind seit der Inkazeit in Betrieb. Siewerden von einer salzhaltigen Quelle gespeist. Ollantaytambo, eine gut erhaltene Inkafestung, stimmte uns nochmals auf den Höhepunkt jeder Perureise, den Besuch der sagenhaften „Stadt in den Wolken“ Machu Picchu, ein. Unsere Allradcamper ermöglichten uns eine weitere abenteuerliche Fahrt bis Santa Teresa, Hydro-Electrica. Hier mussten auch wir unsere Fahrzeuge stehen lassen, und mit dem Zug weiterfahren. Aber der Zug hatte an diesem Tag eine Panne, und so stoffelten wir zwei Stunden lang den Bahngeleisen entlang an den Fuss unserer Erwartung. Nachdem wir auch das Prozedere des Billetkaufs erledigt hatten, wurden wir in halsbrecherischer Fahrt zu den Toren dieses Wunderwerkes gefahren. Während des ganzen Rundganges, ungeachtet der vielen anderen Besucher – und auch noch Tage danach – nahm mich das Mysterium dieses Ortes gefangen. Was hatte diese Menschen bewogen, an so einem abgelegen Ort, diese Stadt zu bauen? Auf der Rückfahrt nach Cusco haben wir eine peruanische Hochlanddelikatesse probiert: Meerschweinchen gegrillt! Ein bisschen gewöhnungsbedürftig war der Geschmack schon. Aber nicht unleid.

Nun gings weiter Richtung Titicacasee. Die über 5000m hohen Rainbows Mountains haben Stefan und Iris alleine bestiegen. Brigitte und ich kapitulierten vor der Höhe. Bevor wir umkehrten, erlebten wir noch etwas ganz Spezielles: die Schlachtung von fünf Lamas zu einem bevorstehenden Hochzeitsfest.

Auf dem Parkplatz von Sillustani am Lago Umayo trafen wir uns wieder mit den Bergsteigern. Hier wurden schon vor der Inkazeit Fürsten und grosse Persönlichkeiten in Grabtürmen bestattet. Diese Grabtürme, Chullpas genannt, sind zylindrisch gebaut in der bekannten Inkabauweise und bis zu 12 m hoch. Als Grabbeilage wurden den Fürsten neben Schmuck und Esswaren oft auch lebende DienerInnen mitgegeben. Sehr beindruckend, in jeder Beziehung.

Auch wenn der Titicacasee in allen Peru Reiseführen gepriesen wird, hat er mich nicht besonders beeindruckt.

Die Fahrt nach Arequipa hingegen war für mich ein Supererlebnis. Schotter und Sandpisten, Pässe bis auf 4900 Meter abseits jegliche Zivilisation. Zuerst auf den Abra Patamna oder Mirador de los Andes Cordillera Vulcanica en los Andes Centrales, mit einer fantastischen Weitsicht zu 5 aktiven Vulkan die über 6000 Meter hoch sind. Weiter durch den Cañón del Colca zum Mirador Cruz del Condor. Schon bei der Ankunft am Abend haben wir vereinzelten Condoren auf dem Heimweg zugeschaut. Das Colca Tal ist eines der tiefsten Täler weltweit und da unten haben die Kondore ihre Nacht- und Brutstätten. Es war ein einmaliges Schauspiel wie sich die Kondore, nur mit Hilfe der Thermik, in die Lüfte schwangen und ohne einen Flügelschlag, Meter um Meter in die Höhe treiben liessen. Beeindruckend wie sich die grössten flugfähigen Vögel Amerikas wieder absetzten wenn der Auftrieb zu schwach war um dann wieder neuen Anlauf zu nehmen. Morgens um 8 Uhr fängt das Schauspiel an und um 11 Uhr ist alles vorbei und die riesigen Vögel, um Aas zu suchen in alle Himmelsrichtung, verschwunden.

Arequipa, die Perle des Südens, gilt als eine der schönsten Städte Perus. Das angenehme Klima auf 2350 Meter haben wir nach den vielen kalten Nächten genossen. Die weisse Stadt, wie Arequipa auch genannt wird, ist von den Spaniern in weissem Tuffstein erbaut worden. Arequipa hat es mir als Stadt angetan. Ich bin beeindruckt wie sich die Stadt erhalten hat mit den Palästen, mit der Stadt in der Stadt, das früher einmal ein Frauenkloster mit 300 Nonnen war, mit der Kathedrale, den unzähligen Kirchen und den verwinkelten Gassen und Gässchen.

Die Zeit wird langsam eng und wir müssen leider weiter. Es liegen noch 1000 Kilometer bis Lima vor uns und es ist schon der 11. August. Wir fahren auf der Hauptstrasse nach Lima. Lastwagen um Lastwagen kreuzen uns, oder wir überholen, da die schweren Brummer aufwärts nicht mehr als kriechen. Der Verkehr ist, im Vergleich zu dem was wir bis jetzt erlebt haben, enorm. Brigitte und ich sind jetzt zum zweiten Male am Pazifik, das erste Mal bei der Ankunft in Lima und jetzt wieder auf dem Rückweg nach Lima. Zum Baden ist der Pacific zu dieser Jahreszeit leider zu kalt. Auf der Panamericana geht’s zügig bis Nazca. Trotz der Einsamkeit dieser Landschaft, in der es so gut wie nie regnet, ist die Landschaft faszinierend. Erich von Däniken hat diesen Ort, mit seiner pseudowissenschaftlichen Forschung zur Prä-Astronautik, weltberühmt gemacht. Die bekannten Scharrbilder, Linien und Zeichnungen, bedecken eine Fläche von 350 km2. Unser Lagerplatz ist für heute einmal mitten in der Wüste. Es ist ein sehr intensives Erlebnis den Sonnenuntergang, und später den mit Millionen von Sternen bedeckten Nachthimmel, zu erleben.

Ja jetzt heisst es noch bis San Bartolo zu fahren und unser, nicht allzu komfortables Auto, nach 27 Tagen und 4000 Kilometer durch den Süden von Peru, abzugeben.

Liebe Iris, Lieber Stefan
Ohne eure Einladung, und ohne eure Reiseerfahrung hätten wir diese Reise nie machen können. Einen Monat mit euch unterwegs sein heisst intensive Reiseerfahrungen sammeln. Es gäbe noch viel zu erzählen, Besuch des Weingutes mit Degustation, die gemütlichen Abende bei feinem Essen und bestem Wein, auch unsere Eile mit Weile Spiele, die Flasche Whiskey, die Urs für euch mitgeben hat, die wir in dieser Zeit „bodigen“ konnten. Nicht vergessen deine liebevoll zubereiteten Aperitives mit allem was dazu gehört. Eure Navigationskünste ob in der Stadt oder wo auch immer haben wir bewundert. Einen Dank an dich Iris für deine Geduld beim Übersetzen von Speisekarten oder bei sonstigen Komplikationen wenn wir mit unserem Deutsch nicht mehr weiter kamen. Iris und Stefan, herzlichen Dank für die schöne Zeit.
Brigitte und Ruedi Kümin