04. September – 10. September 2015
Route: Corumba (Brasilien) > Santa Clara > Mireanda > Piraputanga
Die Einreise in Brasilien ist in 5 Minuten erledigt. In Corumbá stempelt man unsere beiden Reisepässe ab, wir dürfen 90 Tage im Land bleiben – 3 erwartungsvolle Monate liegen vor uns. Wir erwarten einen ausführlichen Check unseres Autos durch Drogenbehörden, Lebensmittelkontrolle usw. aber nichts dergleichen findet statt. Schön für uns und unsere feinen Vorräte im Kühlschrank.
Corumbá selbst ist eine Kleinstadt – mit etwas über 100‘000 Einwohnern – am Rio Paraguay mit vielen Häusern aus der Kolonialzeit. Der Unterschied zur bolivianischen Schwesterstadt Puerto Suarez könnte nicht augenfälliger sein. Sauber, gepflegt, keine streunenden Hunde, ansprechende Geschäfte, Bankautomaten, die mit unseren Kreditkarten auch wieder Geld ausspucken und Tankstellen an denen mit sämtlichen Kreditkarten bezahlt werden kann. Wie einfach das Leben auf einmal ist. (Brasilien ist das reichste Land Südamerikas, Bolivien das Ärmste!)
Nur die Sprache ist etwas umständlich, ich kann zwar Spanisch reden, erhalte aber immer eine portugiesische Antwort und verstehe noch fast nichts. Es wird schon werden, wir haben noch viel Lernzeit vor uns. Die erste Nacht stehen wir auf einer etwas in die Jahre gekommenen Pousada. Jenny, die alte Lady, umsorgt uns mit köstlichem Kaffee, der uns die ganze Nacht nicht schlafen lässt. Zum Zmorge serviert sie uns frische Brötchen, kalten Melonensaft und Früchte aus dem Garten – Bananen und Papayas.
Corumbá ist auch das Tor zum Pantanal, dem grössten Feuchtgebiet der Welt, dagegen sind Floridas Everglades ein Klacks. Nebst Savanne und Urwaldinseln gibt es Weideflächen für Rinder und ein Gewimmel an Wasserwegen, Tümpeln sowie grösseren und kleineren Seen. Während der Regenzeit ist es nahezu unmöglich, den Pantanal zu bereisen, da das Land 1-2m hoch überschwemmt ist. Viele Gebäude der Fazendas / Farmen stehen auf Holzpfählen, sind auf Stegen erreichbar oder liegen etwas höher und sind während der Regenzeit Inseln. Während der Trockenzeit suchen die Tiere die Wasserlöcher auf und es ist einfacher, sie zu beobachten. Ausserdem halten sich jetzt die Moskitos in Grenzen. Unzählige Vögel in allen Grössen und Arten gibt es hier zu beobachten. Von den vielen Brücken aus beobachten wir Angler, die Piranhas fischen, eine heikle Sache, sind doch die Zähne messerscharf. Damit sie die Angelschnur nicht durchbeissen, muss ein Spezialhaken mit einem Metallfortsatz verwendet werden. Stolz präsentieren die Jungs uns ihre Fische. Die Brücken sind auch gute Aussichtspunkte um das offene Land und die Wasserläufe zu beobachten. Ups, was ist denn das? Unsere ersten Kaimane bei Ponte 58. Mit offenen Mäulern liegen sie da um sich abzukühlen, bewegen sich träge ins Wasser um sich dann lautlos mit einem Schwanzschlag davon zu machen. Wir müssen anfangs gut hinschauen, ob es sich um einen Baumstamm oder um einen Kaiman, einen Jacaré handelt. Baden geht in diesen Gewässern gar nicht. Da benützen wir besser die Duschen der vielen Fazendas, die hier Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Capibaras liegen träge im Schatten und krächzend fliegen blaue Aras ins Geäst. Die blauen Hyazinth Aras sind mittlerweile selten geworden, wird doch von Wilderern auf dem Schwarzmarkt ein Preis von mehreren Zehntausend Dollars erzielt. Auf den Fazendas werden sie deshalb mit Palmfrüchten angefüttert, dank einfach auffindbarem Futter gelingt eine bessere Brut, was für das Überleben der Tiere wichtig ist.
Auf der Fazenda Santa Clara, einer Ökolodge mit schönem Campingplatz buchen wir eine Wander- und eine Böötlitour. Schweisstriefend beobachten wir Brüllaffen und Kapuzineräffchen, die elegant in den Bäumen herumturnen, ab und zu raschelt ein Pantanalwildschwein durchs Unterholz und auch ein Pudu, einen kleinen Hirsch bekommen wir zu sehen. Interessant sind die grossen Pfotenabdrücke des Pumas, doch der bleibt uns verborgen. Nachmittags geht’s dann mit dem Böötli auf den Rio Abobral. Bereits nach 5m Fahrt stoppt das Boot und unser Führer William zeigt uns 2 Echsen, perfekt getarnt im Geäst der Bäume liegend. Kaimane gehören schon zum Beigemüse und sind keine Foto mehr wert. Eisvögel und die Jabirús, die riesigen Störche ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich.
Bald ist es Zeit zum Umkehren. War’s das schon? Nein, gerade im richtigen Moment, wo alle vor sich hindösen, es ist heiss und feucht und die Sonne steht knallrot am Himmel, kurz vor dem Sonnenuntergang wird das Boot nochmals gewendet. Piedro der Bootsführer flüstert nur: Jaguar. Alle sind hellwach. Da liegt er also und posiert für uns, ein ausgewachsenes Männchen, etwas kleiner als eine Löwin. Würde er nicht ab und zu blinzeln könnte man meinen, er sei ausgestopft und als Touristenattraktion platziert. Als alle ihre Fotos geknipst haben, steht er langsam auf und verschwindet im Dickicht. Stefan ist dann der Star, weil er als einziger einen Fotoapparat mit einem grossen Objektiv hat, alle anderen auf dem Boot haben nur ihre Smartphones mit dabei. Die Freude ist dann umso grösser, als wir unsere Fotos mit allen teilen. Normalerweise bekommen die Führer ein Trinkgeld, doch diesmal bekommen wir eines und dürfen als Dank für die tollen Fotos mit dem Führer noch auf eine Nachtsafari. Dort sehen wir zwar keine Ameisenbären aber dafür 30 Tage alte Kaimane. Ganz herzig die Kleinen. Obwohl Kaimane weniger aggressiv sind als ihre grossen Brüder Alligator und Krokodil möchte ich nachts nicht irgendwo spazierengehen. Die Zähne sehen furchterregend aus und die Augen leuchten im Schein der Taschenlampe grauselig. Ausserdem liegen sie auch auf der Strasse herum und werden so nicht selten Opfer von Autos.
Ein spannender Tag, vor allem weil auf dem Campingplatz auch noch ein junger Kolumbianer ist, der seine Masterarbeit in Zoologie schreibt und uns viel Wissenswertes über das Verhalten der Tiere im Pantanal erzählen kann. Mit Hintergrundwissen macht das Ganze noch viel mehr Spass. So wissen wir jetzt, dass der Riesenotter, der hier auch vorkommt, im Rudel Kaimane jagt und frisst. Was für die Riesenotter ein Spiel ist, ist für den Kaiman meist der Anfang vom Ende.
Die Brüllaffen heulen immer noch in den Bäumen herum, laut den Einheimischen ein Zeichen für Wetterwechsel. Und wirklich, nach Monaten strahlender Sonne regnet es anderntags wie aus Kübeln und die Temperatur fällt um nahezu die Hälfte. Da ziehen wir abends die Faserpelzjacken wieder aus dem Schrank. Heute ist alles feuchtkühl, aber glücklicherweise halten sich die Moskitos in Grenzen.
In Miranda werden wir im Supermercado auf Schweizerdeutsch angesprochen, wir sind auch nur unschwer von den Brasilianern zu unterscheiden. Mirjam, eine Schweizerin, die hier lebt, hat unser Auto gesehen. Sie hat eine schöne Farm – Meia Luna, Halbmond – mit 3 Stellplätzen für Overlander. Das trifft sich gut. Eine kurze Erklärung wo wir die Farm finden werden und bevor wir in den Nordpantanal zu weiteren tierischen Abenteuern starten, bleiben wir etwas hier.