23 – Von Lagunen zum Salar

15. Juli – 22. Juli 2015

Route: Calama > San Pedro de Atacama > Hito Cajones (Bolivien) > Salar de Uyuni > Uyuni

Die Zollformalitäten in San Pedro de Atacama sind schnell erledigt, wir reisen ja auch nach Bolivien aus. Kühlschrank und Vorratskasten sind gut gefüllt mit Käse, Fleisch und frischem Obst und Gemüse. Wir werden tagelang nicht einkaufen können.

Schon lange haben wir uns auf diese Strecke gefreut – die Lagunenroute in Bolivien, die ihr Ende am Salar de Uyuni findet. Abenteuer pur, grosse Höhen, Schotterpisten für 4×4 Geländewagen mit hoher Bodenfreiheit und einmal mehr spektakuläre Landschaften.

Die Einreise in Bolivien findet auf 4488müM auf Hito Cajones statt. Die Migration ist nur ein kleines Haus. Nach dem Ausfüllen des Einreiseformulares wird der Pass gestempelt, der Schlagbalken wird für uns geöffnet, wir sind in Bolivien. Kurz darauf folgt das Campamento des „Reserva Natural de Fauna Andina Eduardo Avaroa“. Es scheint, der Nationalpark habe die grössere Bedeutung als die Zollstation, die nicht einmal eine Abfertigung für die Einfuhr des Autos hat. Diese Formalitäten erledigen wir in der 80km entfernten Aduana, die sich bei einer Mine auf 5033müM befindet. Die Luft ist dünn, 2 Zollbeamte begutachten unser Auto, checken Chassis-Nummer und Autonummer mit dem Fahrzeugausweis und füllen im Adlersystem aber immerhin auf dem Computer ein Formular aus, welches uns erlaubt, unsere Randulina einzuführen. Dauer der ganzen Prozedur: 50 Minuten. Aber wir haben Zeit, auf dieser Höhe stresst mich nur mein Kopfweh.

Die 80 km zwischen Migration und Aduana sind gespickt mit landschaftlichen Höhepunkten. Die beiden Lagunen Blanca und Verde verdienen ihren Namen zu Recht. Gegen Mittag leuchtet die „Laguna Verde“ smaragdgrün, Kupfer, Arsen und Blei sind für die Farbgebung verantwortlich; während die „Laguna Blanca“ weissschimmernd daliegt. Im Hintergrund erhebt sich der Vulkan Licancábur. Endlose Weiten wechseln sich mit Vulkanen ab, Wüste im Hochland mit heissen Quellen, die wir natürlich sofort für ein Bad nutzen. Immer mehr bergauf geht es zum Geysirfeld „Sol de Mañana“. Das lassen wir noch links liegen und fahren eben zur Aduana.

Zu meinem Kopfweh hin fühle ich mich auch etwas grippemässig. Auf dieser Höhe, nein, das geht gar nicht. Wir fahren wieder zurück zu den Termas de Polques. Immerhin 600m tiefer. Am nächsten Morgen sind wir aber nicht allein, Dutzende von Land-Cruisern mit Ausflüglern sind ebenfalls da. Nun ja, wir geniessen unser Morgenbad trotzdem. Und dann nichts wie los zu den Geysiren. Ich fühle mich wie neugeboren, ob es wegen dem heissen Bad oder den Medikamenten ist sei dahingestellt. In diesem 1km2 grossen Geysirfeld, welches als das höchstgelegene der Welt gilt, sprudelts und dampfts und riechts wie in Teufels Küche. Je nach Mineraliengehalt sind die kochenden Lehmtümpel weiss rosa, orange, hell- oder dunkelgrau gefärbt. Auch der Geysir sprüht seine Dampffontäne in die Luft und der Wind treibt sein Spiel damit. Irgendwann müssen wir uns losreissen und uns wieder auf die Wellblechpiste begeben. Wie im Schüttelbecher tuckern wir zur „Laguna Colorada“, einem orangefarbigen See inmitten der Wüste. Thermalwasser verhindert das Gefrieren der Lagune und eine spezielle Algenart färbt diese nur 45cm tiefe Lagune so intensiv. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir Hunderte von intensiv rosa gefärbten Flamingos, zusammen mit den weissen Boraxinseln der Hingucker.

Wind und Wetter formten dann die nächsten Highlights, wie wir sie zwar schon einige Male gesehen haben, aber immer wieder faszinierend finden – in der Siloli Wüste steht der „Arbol de Piedra“, der Steinbaum und viele andere Skulpturen aus vulkanischem Gestein. Heute wird wieder endlos fotografiert.

Nach der „Lagunenroute“ folgt die „Ruta de la Joya“, die Route der Juwelen. Und wirklich liegen weitere kleinere und grössere Lagunen wie Juwelen auf der Strecke. Die Meisten sind gefroren. Nachts ist es jeweils bitterkalt, trotz nächtlicher Windstille geniessen wir 20 Grad im Minusbereich. Den Flamingos in der Laguna Hedionda scheint das nichts auszumachen, nur beim Abfliegen auf Glatteis sollten sogar sie Spikes montieren. Aber wir hätten dann nichts mehr zu schmunzeln.

Nach der letzten Lagune geht’s steil bergauf und die Strasse gleicht eher einem Bachbett. Dazu haben wir einiges an Gegenverkehr, man spürt die Sommerferienzeit in Europa und Nordamerika. Alle scheinen sich in Bolivien in Land-Cruisern zu vergnügen.

Irgendwann erreichen wir die Erdstrasse und werden vom rauchenden Vulkan Ollagüe begrüsst. Unter alten Lavafelsen gibt es Mittagsrast. Doch die Freude über die Erdstrasse, die zu fahren ist wie eine Asphaltstrasse (jeder zieht einfach eine immense Staubfahne hinter sich her) hält nicht lange. Denn Richtung Salar de Uyuni geht’s anfänglich wieder über Wellblechpisten zum Salar de Chiguana. Welche Erholung eine Fahrt auf dem Salar bietet, kann sich nur vorstellen, wer Hunderte von Kilometern Rüttelpiste gefahren ist. In San Juan ist nicht viel los, vielleicht weil es Sonntag ist, vielleicht weil es Siestazeit ist. Lamas stehen friedlich zwischen den Häusern in den Strassen und auch im Dorf Villa Martin Colcha K scheint die Zeit still gestanden zu sein. Kakteen ragen auf, die Quinoa Felder sind abgeerntet, ein etwas trostloser Anblick. Aber immerhin ist hier schon wieder Landwirtschaft möglich. Wir befinden uns immer noch auf über 3500müM.

Und dann sehen wir ihn – den Salar. Wieder eine Superlative. Der Salar de Uyuni ist die grösste Salzpfanne der Welt, fast ein Viertel der Oberfläche der Schweiz, ca 160 km lang und 135 km breit mit 72 Koralleninseln, bewachsen mit Gebüsch und bis zu 10 m hohen Kandelaberkakteen. Auf der Insel Incahuasi leben Vögel und eine Chinchilla Art. Etwa 75% des Weltvorrates an Lithium sollen im Salz enthalten sein, bis heute wird noch fast nichts ausgebeutet. Für Batterien und Mikroprozessoren ist also noch lange nicht aus. Ist der Salar ausgetrocknet, was er jetzt ist, ist er befahrbar und steinhart, von Dezember bis Juni soll es eine matschige Angelegenheit sein mit der Gewissheit steckenzubleiben.

Wir finden für uns eine kleine Privatinsel. Da es praktisch windstill ist, geniessen wir die Aussicht von unserem Inselchen über das Weisse Meer. Und dann packt es uns. Stefan holt die Velos aus dem Auto und wir radeln wie die Verrückten über den Salar. Die Distanzen täuschen, aber was soll‘s, wir machen keine Höhenmeter, es ist einfach flach. Wir erkunden und umrunden weitere Inseln und bestaunen die Salzausblühungen, die Strukturen, die verschiedenen Farben – je näher am Ufer einer Insel umso brauner das Salz, je weiter draussen desto weisser, und wir geniessen abends den Sonnenuntergang der alles in ein rosa Licht taucht und später das endlose Sternenmeer mit der Milchstrasse. Wir geniessen unsere Robinsonade ausgiebig bevor wir ins Städtchen Uyuni fahren, wo es scheint, dass Touristen in der Überzahl sind. Auf dem Markt kaufen wir Brot, Trinkwasser und eine riesige Avocado. Geldwechseln steht ebenfalls an, alle Bancomaten sind ausser Betrieb. Dann zur Post, und welche Überraschung, die 7 Briefmarken in die Schweiz kosten mehr als unser Mittagessen.

Unser heutiger Übernachtungsplatz ist so völlig anders als in den letzten Tagen. Wir stehen zwischen alten ausgedienten Lokomotiven, die friedlich vor sich hinrosten. Hier heisst es romantisch „Cementerio de Trenes“, bei uns wäre es ein Schrottplatz. Und wenn dann noch ein wirklicher Zug vorbeifährt wirkt die Szenerie etwas gespenstisch, eben wie ein Geisterzug.