19 – Von Menschen auf der Ruta de los Artesanos bei Seclantás

26. Mai – 31. Mai 2015

Route: Paso Jama > Susques (Argentinien) > San Antonio de los Cobres > Seclantas > Cachi

Vom Paso Jama herkommend sind wir in Susques einem kleinen Kaff auf die Ruta 40 – die Ruta Quarenta, die längste Strasse der Welt, abgebogen. Ein immenses Hochplateau, Canyonlandschaften, farbige Felsen und enge Schluchten, einer der schönsten Abschnitte der Ruta 40, allerdings nur für 4×4 Vehikel, da durchgehend gröbste Schotterpiste mit Bachquerungen. Der nächste Höhepunkt ist der Viaducto de la Polvorilla, die Endstation des „Tren a las Nubes“ (der Zug zu den Wolken). Ein gigantisches Bauwerk im Stil von Gustave Eiffel.

Kurz vor San Antonio de los Cobres finden wir einen eisigen Schlafplatz. Alles was gefrieren kann gefriert in dieser Nacht. Um 10 Uhr morgens zeigt das Thermometer immer noch -5 Grad. Und nun wird es spannend. Über den höchsten Pass Argentiniens, den Paso Abra del Acay 4895müM, führt die Ruta 40 ins Valle Calchaquies. Im Aufstieg weiche Hügel mit grasenden Vicuñas, in der Abfahrt wird es extrem steil und spektaktulär, eisige Bäche, Kandelaberkakteen bereits auf 3500müM, grasende Lamas und Vicuñas sind unsere Begleiter. In La Poma kehren wir ein und essen wunderbare frische Forellen. Das ist der Unterschied zur chilenischen Seite. Viel mehr Esskultur. Wir erfrieren fast im Restaurant aus Adobe, aus Lehmziegeln, aber der Forellenhalt hat sich gelohnt. Der Wirt ist freundlich, die anderen Gäste werden wir später nochmals im „Parque National Los Cardones“ treffen, wo sie uns ein wunderbares Restaurant in Cachi empfehlen. Im Parque National bewundern wir Überreste der alten Inkastrasse, ähnlich der Römerstrasse über den Septimerpass. Eine Abkürzung, schlimmste Wellblechpiste, führt uns vom lieblichen Nationalpark durch farbige Sandsteinfelsen direkt nach Cachi, einem herzigen Ort. Belohnt werden wir auf der Piste mit einzigartiger Landschaft, skurrilen Kakteen, Adobehäusern mit schönen Veranden und mit Cachi selbst. Im empfohlenen Restaurant „Viracocha“ feiern wir unsere Fahrt mit Humita, einer Art Polenta im Maisblatt gekocht und exquisitem Ziegenfleischeintopf. Der Campingplatz ist perfekt und mit quietschsauberen Duschen versehen. Wir bleiben noch einen Tag, geniessen die Wärme Cachis und nochmals ein feines Abendessen im Restaurant.

Weiter geht’s der Handwerkerstrasse – Ruta de los Artesanos entlang, nach Seclantás. Was wir sehen ist tiefstes Mittelalter. Vor den Häusern aus Lehmziegeln stehen einfachste Webstühle. Männer und Frauen weben aus Schaf- und Lamawolle wunderbar feine Stoffe aus denen weiche Ponchos, Schals, Gauchogürtel und vieles mehr hergestellt wird. Sie erklären uns umsichtig die Arbeitsweise und die teilweise uralten Muster. Das Weberhandwerk und die Muster werden in der Familie seit Generationen weitergegeben. Die Kinder helfen vor und nach der Schule mit und haben ihre eigenen Webstühle und fertigen ihre eigenen Webereien an, z.B. Bänder aus denen die schönen Gürtel der Gauchos hergestellt werden. Die Wolle wird von Schaf- und Lamahirten zugekauft, ist meist naturbelassen, pflanzen- oder auch anillingefärbt. Voller Stolz erzählt mir Weberin Marcela, dass ihre Tochter an einer angesehenen Universität in Buenos Aires studiere – ein Zusammenprall von Welten, der für die Schulen in diesen abgelegenen Orten spricht.

Adobehäuser in Cachi haben neben der typischen Veranda auch schöne Innenhöfe, denn eine Familie hat mehrere Häuser, die ein Atrium bilden. In diesem Innenhof spielt sich das Leben ab. Ausserhalb des Hauses steht der typische Ofen aus Lehm. Beim Fotografieren sehe ich eine junge Frau am Ausrollen von Teig. Ich gehe zu ihr und sie erklärt mir, dass sie Empanadas mache. Sie schenkt mir welche und es sind die Besten, die wir je gegessen haben.

Von der Ruta de los Artesanos ist es nicht mehr weit zur Ruta del Vino, der Weinstrasse. Doch davor übernachten wir an der Laguna Brealito. Da besuchen uns doch am Abend 3 Lausbuben auf dem Velo und versuchen von uns einen Eintritt zur Lagune zu erbetteln. Mein Spanisch ist diesbezüglich ziemlich beschränkt und so radeln die 4.-6. Klässler ohne Batzen wieder davon.

Wir trinken unseren feinen Wein, ich eingekuschelt in einen heute erstandenen Lamaponcho, denn sobald die Sonne untergeht wird es bitterkalt.