17 – Tang, Kupfer, Salpeter und Lithium

05. Mai – 15. Mai 2015

Route: Salar de Pedernales > Taltal > Antofagasta > Calama > San Pedro de Atacama

Schon auf Chiloé, der Insel vor Puerto Montt in Südchile sind uns Tangfischer aufgefallen, nun begegnen wir ihnen auch hier wieder, in Nordchile auf der Strecke zwischen Taltal und der Caleta El Cobre. Als erstes fallen uns ihre Hütten auf, zusammengezimmert aus Wellblech, Span- und Holzplatten, meist eine Chilefahne auf dem Dach und eine kleine Satelitenschüssel, dazu einige Tanks mit Trinkwasser. Vor der Hütte steht meist ein altersschwacher Pickup. Um die Hütten herum fallen uns die schön ausgelegten Tang- und Algenstränge auf. Sie trocknen in der heissen Sonne, werden dann zu einem Ballen zusammengeschnürt und von Lastwagen abgeholt. Ich gehe zu einer Hütte, ein zahnloser Alter kommt auf mich zu und begrüsst mich freundlich. Er erklärt und zeigt mir, wie sie mit einem langen Haken die angespülten Algen zwischen den Felsen aus dem Meer reissen und dann zum Trocknen auslegen. Er lädt mich in seine Hütte ein, wo 5 Männer entweder am Kochen, Fernsehen oder Haushalten sind. Wäsche flattert im Wind. Die Hütte ist sauber und ordentlich. Ein jüngerer erklärt mir dann, dass die Algenpreise vor 3 Jahren sehr hoch waren, heuer ist der Preis zusammengefallen uns sie bekämen fast nichts mehr. Sie wohnen einige Wochen hier, dann gehen sie wieder zurück in ihre Dörfer und kommen wieder zurück. Wer denn die Algen kaufe und was man damit mache, will ich wissen. Käufer sei vor allem Japan und die stellten von Kosmetikartikel, Waschpulver bis hin zu Plastik vielerlei her, und dann kann man die Algen ja auch noch essen.

Ganz anders bei El Cobre, einige Kilometer weiter nördlich steht eine alte verlassene Kupfermine. Grüne Steine zeugen vom Kupfergehalt. Chiles Reichtum ist auf Kupfer gebaut. Steil bergauf führt die Strasse und wieder hinunter nach Antofagasta. Von da durch die Atacamawüste nach Calama. Nichts als Stein und Sand, kein Leben. Auf der Eisenbahnlinie wird vor allem Kupfer und Schwefelsäure transportiert. An einer Tankstelle wollen wir nebst Diesel auch Wasser tanken. Man rät uns ab, das Wasser in der Toilette fliesst gelb – arsenhaltig – verseucht von den grossen Minen, die mit viel Wasser und mit chemischen Prozessen Kupfer und andere wertvolle Metalle aus dem Gestein lösen. Während die einen mit primitivsten Werkzeugen im Meer herumfischen, wird hier in der grössten offenen Kupfermine der Welt, in Chuquicamata mit der grossen Kelle angerührt. Lastwagen, die 5000 l fassende Dieseltanks und 4m hohe Reifen, 390 Tonnen Gestein in ihrem Kipper laden können, sehen in der 3km breiten und 5km langen und 1.2km tiefen Grube aus wie Spielzeuge. Von Nachhaltigkeit wird hier nichts gesagt, ausser, dass man das Wasser heute 8x wiederverwendet. Aber auch ich könnte diesen Bericht nicht ohne diese Mine schreiben, ohne Kupfer würde mein Computer nicht funktionieren und Fotos gäbs auch keine. Elektronik ist zum grossen Teil von Chiles Bodenschätzen abhängig. Die ungesunde Staubfahne und das Wasserproblem zwang die Minengesellschaft, die Bewohner von Chuquicamata nach Calama überzusiedeln. Eine Geisterstadt entstand. Doch Geisterstädte gibt es viele in den Minengebieten. Eine der schönsten für uns war Pedro de Valdivia in der Nähe von María Elena. Pedro de Valdivia, 1200müM wurde 1931 zum Abbau von Salpeter gegründet. 1990 wurde die Stadt zur Geisterstadt. Die Mine ist noch in Betrieb aber über der Stadt herrscht buchstäblich Totenstille und eine dicke Staubschickt deckt alles zu. Nicht ein einziger Hund, kein Vogel, kein Insekt, die Hitze der Atacamawüste ist unerbittlich, Leben schier unmöglich. Welch eine Plackerei musste das in den Anfängen der Minenindustrie gewesen sein? Damals gab es noch keine grossen Lastwagen, mit Bohrer, Schaufeln und Garretten wurde das Erdreich umgegraben, das Salpeter herausgelöst und die übrige Erde wieder ausgekippt. Eine Landschaft, die aussieht, als hätten tausende von Maulwürfen ihre Hügel aufgehäufelt, eine Landschaft von Menschenhand geschaffen.

Heute wird ein weiterer chilenischer Rohstoff immer bedeutender. Im Salar de Atacama liegen zwei Fünftel der Weltvorräte an Lithium. Vor allem in elektronischen Geräten und Batterien ist Lithium ein immer gefragteres Material. Kein Wunder also, dass auch im Salar eine grosse Gesellschaft, die Sociedad de Quimica y Minera de Chile (SQM) aktiv ist. Es bleibt zu hoffen, dass dies zumindest so umweltverträglich gemacht wird, dass die heute noch grossen Flamingopopulationen überleben können, doch davon im nächsten Bericht mehr.