13 – Mit dem Velo von Weingut zu Weingut

11. und 12. März 2015

In Maipú treffen wir uns wieder mit unseren lieben Freunden, die bereits nach einem Campingplatz Ausschau gehalten und sich über das Weingebiet informiert haben.

Der Camping ist super schön, mitten in den Reben und ruhig gelegen, sogar mit Swimmingpool. Der ist aber stark vergittert und wir dürfen ihn nicht benützen, weil der Lebensretter nur sonntags arbeitet. Mein Bitten mit Hinweis auf mein Lebensretterbrevet wird nicht erhört. Unsere Männer sind eben keine Hasselhoffs und ich keine Pamela. So bleibt uns nur die Dusche.

Anderntags setzen wir also unsere eigenen Velos zusammen und flugs gehts es zur Velovermietung. Bald haben alle anderen ein oranges Rad unter dem Fudi und wir können losfahren. Aber das hat seine Tücken, Julia hat schon nach 100 Metern einen Platten – umkehren und neues Velo fassen, nach 200 Metern reisst das Bremskabel von Andreas – umkehren und neues Velo fassen, nach 300 Metern bemerkt Sven sein defektes Schaltkabel – umkehren und neues Velo fassen, nach 400 Metern verlieren wir Sven und Melanie mit Klein Jonathan, der sich in seinem Anhänger pudelwohl fühlt.

Die erste Bodega ist ernüchternd, mehr Industriewein und die Führung eher Touristenabfertigung. Da uns nach unseren morgendlichen Erlebnissen der Hunger plagt, lassen wir die nächsten Bodegas aus und fahren in der Mittagshitze zur Olivenöldegustation mit kleinem Imbiss. Wir erfahren viel Neues und Wissenswertes. So zum Beispiel, dass es auch in Argentinien Oliven gab bevor die Spanier und Italiener diese einführten und kultivierten. Ein ganz delikates Olivenöl wird aus der autochtonen Sorte Arauco gepresst. Die nette Señora beantwortet geduldig alle unsere Fragen und verwöhnt uns im lauschigen Garten.

Die dritte Winery hat wegen eines internen Grossanlasses geschlossen und nun heisst es in die Pedalen treten damit es uns noch vor Schalterschluss zu unserer letzten Weindegustation reicht. Das wunderschöne alte Gebäude der friaulischen Familie Di Tommaso verspricht nicht zu viel. Eine Weinführung, die bei den Reben beginnt, dann die Führung durch den Keller und zuletzt die Verkostung der Weine. Das Gruppenbild mit Velo haben wir auch im Kasten und es kann wieder losgehen. Wir geniessen Polizeischutz, anfänglich eher eigenartig, wenn ein Polizeiauto die ganze Zeit hinter einem herfährt, wir nehmen es gelassen, denn zu acht und mit Baby im Kinderanhänger wären wir wohl auch in den eher ärmeren Quartieren nicht in der Opferrolle gewesen. Eher gewöhnungsbedürftig sind die Velostreifen. Da heisst es aufpassen, denn vom Gartenabschnitt zu Kehrrichtsäcken, Abbruchmaterialien und parkierten Autos, streunenden Hunden, Löchern und Gullis mit Rillendeckel in Fahrtrichtung findet man alles und noch viel mehr.

Beim Abendessen merken wir dann, dass wir vergessen haben, den einen oder anderen guten Tropfen einzukaufen, also sind wir ganz froh, dass Melanie ihren chilenischen Wein offeriert. (Psst… nicht weitersagen, dass wir in Argentinien chilenischen Wein trinken, dabei hätten wir doch Jonathans Gefährt mit Wein füllen wollen).

Anderntags fahren wir dann auf das Schweizer Weingut „Ojo de Agua“, wo wir als einzige Gäste in den Genuss eines wunderbaren Menus mit den dazu passenden Weinen kommen. Wir essen und trinken bis in den frühen Abend hinein und geniessen die Tisch-und Weinkultur, wie wir sie von Europa her gewöhnt sind.

Denn man darf die Weingüter nicht mit denen Europas verwechseln, da gibt es keine Châteaus und Clos wie in Frankreich, es ist nicht wie in der Toscana oder wie am Douro in Portugal. Die Parzellen hier sind riesig, in den meisten Fällen ist es Massenproduktion, die Gebäude neu, schöne Fasslager oder alte Keller gibt es nur wenige, was aber nicht heissen will, dass der Wein schlecht ist. Ganz im Gegenteil, wir haben wunderbare Tropfen zu Preisen gefunden, für die man in Europa wenig Vergleichbares erhält. Und dank dem Fehlen der Reblaus können hier die alten europäischen Sorten, Tannat (v.a. Uruguay), Carmenère (v.a. Chile) und Malbec (v.a. Argentinien) sowie die Weissweinsorte Torrontes direkt gepflanzt werden, während diese Sorten bei uns in Europa nur auf die amerikanischen Rebstöcke gepfropft werden können, um die Reblaus zu überstehen.

Reblaus hin oder her, wir sind lausige Einkäufer und müssen am Schluss im Supermarkt einige Flaschen Wein kaufen, damit wir Andreas Geburtstag stilecht feiern können. Lustig ist‘s allemal.