22. Oktober – 14. November 2014
Route: Concordia > San Antonio de Areco > Carmen de Patagones > El Condor > Peninsula Valdes > Gaiman > Bosque Petrificado
Auf unseren Grenzübertritt von Salto, Uruguay nach Concordia, Argentinien sind wir sehr gespannt. Mit einem Auto ist das etwas komplizierter als mit dem Flugzeug, denken wir jedenfalls. Doch wiedermal werden wir eines besseren belehrt. Der Grenzübertritt wird innert 10 Minuten. administrativ abgefertigt und wir können einreisen. Das einzig interessante Detail für den Grenzbeamten scheint die Papierqualität unseres Fahrzeugausweises zu sein. Er meint, alle anderen Reisenden hätten anderes Papier gehabt, unseres sei komisch, ob unser Ausweis nicht das Original sei. Kurze Anmerkung: Niemand reist mit einem Originalausweis, alles sind Kopien, entweder laminiert, auf Halbkarton kopiert, auf lumpiges Papier kopiert etc. Ich versichere ihm, das sei der Original Fahrzeugausweis, aber die Schweiz sei ein Land mit 26 Provinzen und jede hätte eigenes Papier. Das stellt ihn zufrieden – Argentinien hat nur 23 Provinzen. Wie gross er sich die Schweiz vorstellt, sei der Phantasie überlassen. Nur in unsere Wohnkabine will er noch gucken. Einen Azalaï sieht man halt nicht so oft.
Viele Reisende haben uns vor der ersten Provinz – Entre Ríos – gewarnt. Ständige Polizeikontrollen, ständiges Anhalten. Alle Unterlagen griffbereit in der Nähe, werden wir nicht ein einziges Mal angehalten. Kontrollen gibt’s schon – auf der anderen Strassenseite.
Allerdings gibt es starke Lebensmittelkontrollen beim Eintritt in die Region Patagonien. Da hier weder Fruchtfliegen noch Maul- und Klauenseuche existieren, wird das Auto v.a. nach Frischfleisch und Zitrusfrüchten gefilzt. Sogar der Motorblock wird kontrolliert. Tja, so gehen halt unsere superfeinen Grapefruits und unsere Salami – (@ Regula: klingelt‘s bei dir?) in den Kübel, aber Äpfel und Bananen und unser Gemüse dürfen mit auf die Reise. Anschliessend erhalten wir eine Liste, was wir nicht hätten mitbringen dürfen. Die Liste hätten wir lieber vorher gehabt. Alles was industriell hergestellt ist, dürfen wir behalten – Schinken und Bratspeck im Vakuum sowie alle Milchprodukte.
Aber was sind schon Lebensmittelkontrollen im Hinblick auf die Vielfältigkeit Patagoniens. Die Reise durch die endlose Pampa, nichts als Kühe, Schafe, Pferde, ab und zu Nandus und weiter südlich Guanakos, jetzt im Frühling immerhin noch grünes Gestrüpp könnte einschläfernder nicht sein und hat doch ihren Reiz. Wenn aber dann der patagonische Wind bläst, er tut‘s gerade mit 65kmh und Böen bis 100kmh, und der Sand in der Luft die Sonne trübt wie eine Smogglocke, ist das nicht so toll.
Dafür wird man von der Natur auf der Halbinsel Valdés entschädigt. Wir verbringen eine wunderschöne Zeit zuerst auf dem Camping Platz von Puerto Pirámides und dann in Punta Pardelas. Morgens um 6 Uhr werden wir von den südlichen Glattwalen geweckt, die hier ihren Nachwuchs gebären und genügend Nahrung finden, bevor sie weiter ziehen. Wenn Wale ausblasen, tönt das gigantisch, wir lassen uns gerne davon wecken und können sie lange in der Nähe des Strandes beobachten. Sie sind so harmonisch in ihren Bewegungen, drehen sich auf den Rücken, winken mit den Seitenflossen oder zeigen beim Abtauchen die Fluke, dreschen auch mal mit der Fluke aufs Wasser, dass man meinen könnte, da werde geschossen. Sie sind eigentlich nicht schön anzusehen, haben sie doch an vielen Orten ihres Körpers ganz grosse Pusteln, Muschelablagerungen, aber sie verbreiten eine Ruhe, wie kaum ein anderes Tier. Ganz anders die eleganten Orcas. Wie Delfine jagen sie übers Wasser, keine Zeit zum Rasten und Ruhen. Da gibt es dann auch noch die Seelöwen, riesige Männchen mit einem Harem, das sie mit Beissen und Brüllen verteidigen. Im Wasser ganz verspielt, sind sie an Land etwas träge. Auch die Seeelefanten liegen träge an der Sonne und wenn sie sich in Bewegung setzen und dem Wasser zu watscheln, ist ihnen der elegante Schwimmer nicht anzusehen.
Aber nicht nur die Tierwelt ist so spannend hier, nein wir treffen auch immer wieder auf andere Reisende. Einmal kochen wir uns an einer Schotterpiste Kaffee und vereinbaren, dass wir so lange da sitzen werden, bis das nächste Auto anzufahren kommt. Nach ca. 3 Stunden werden wir erlöst – ein französisches Ehepaar mit einem Azalaï. Super, da wird gleich getratscht und gefachsimpelt.
Auch viele Schweizer sind unterwegs. So sind wir auf der Halbinsel Valdés mit vier anderen Pärchen da. Das sind also an einem Fleck etwas mehr als 1 Millionstel aller Schweizer am gleichen Ort. . Zudem sind noch andere Schweizer im Mietwagen unterwegs, die man nicht erkennt, oder die einem am Morgen mit einem Grüezi ganz freundlich begrüssen, während wir mit Holá um uns werfen. Es ist super, mit Conny und Remo (VW Büssli), Frizzi und Christof (Santana), Julia und Andreas (Land Rover Defender), Michaela und Marcel (Mietwagen), zusammen zu sein, zu apérölen, Spaghetti zu essen und beim Radwechsel zusehen zu können und Paola und Claudio zu treffen. Und da sind noch die vielbewunderten Österreicher Petra und Tibor mit ihren Söhnchen David (3) und Tobias (5) und dem Baby Paula (4Mt) (Nissan Pickupaufbau). Alle haben in etwa die gleiche Route und so kreuzen sich die Wege mal mit allen oder mit einem Teil.
Von der Peninsula Valdés wegzugehen fällt uns denn auch etwas schwer. Aber einmal heisst es Adieu zu sagen. Wir ziehen weiter nach Trelew, wo sich einige walisische Siedlungen befinden und besuchen standesgemäss in Gaimann ein hübsches Teahouse – der 5 O’clock Tea im „Plas y Coed“ ist reichlich bemessen. Die Wirtin packt uns alles schön ein und es so gibt anderntags noch einmal privat eine Teatime. Hier wird noch immer gälisch gesprochen und die Traditionen werden hochgehalten. Herzige Häuser mit Rosenstöcken, eine schöne Abwechslung in der Pampa in einem grünen Flusstal. Ganz anders das geschäftige Comodore Rivadavia, wo man nach Trinkwasser bohrte und Erdöl fand. Eine hässliche Industriestadt ohne jeglichen Charme, zum Glück gibt’s einen Villenvorort – Rada Tilly mit einem perfekten Campingplatz, wo wir auch wieder auf Conny und Remo und Tibor mit Petra und den Kindern treffen. So einfach geht’s – sogar ohne Internet findet man sich. Gleichgesinnte mit der gleichen Wellenlänge.
Zwei Tage später fahren wir alle wieder los. Es ist herrlich, zwischendurch einen sauberen Campingplatz mit heissem Wasser und gut funktionierenden Duschen (starker Wind macht es unmöglich, unsere eigene Dusche zu verwenden, das Wasser wird überall herumgeblasen, nur wir werden nicht nass), und sauberen Toiletten zu haben. Wir campen meist irgendwo in der Wildnis, Plätze sind nicht immer einfach zu finden, da die Weiden immer eingezäunt sind und wir nicht am Strassenrand stehen wollen, aber es findet sich immer irgendwo eine Lösung, die Pampa ist gross genug. Jetzt in der Vorsaison ist es auch kein Problem, manchmal sind aber auf Plätzen alle sanitären Einrichtungen geschlossen, manchmal hat es ein Campingverbot an einem Fluss. Da fragen wir dann auch schon bei der Polizei um Erlaubnis und erhalten sie grosszügig. Es weiss immer jemand Rat, wenn man fragt. Der freundliche Ranger im Parque Provincial Bosque Petrificado de Sarmiento meint, im Park sei campen verboten, aber 4 km ausserhalb hätte es genug Platz. Bei Fuchs und Hase ist das eine schöne Lösung und wir schlafen immer herrlich.
An dieser Stelle möchte ich euch mal ganz kurz unseren Tagesablauf erklären: Meist erwachen wir gegen 7.30 Uhr. Dann Morgentoilette und Zmorge. Dieses besteht aus frischen Früchten, wenn vorhanden Brot, meist Yoghurt oder Müesli, es folgt der Abwasch. All das benötigt seine Zeit. Denn wir sind ja auf so kleinem Raum oder tragen alles nach draussen, wenn es warm und einigermassen windstill ist. Viel Zeit benötigt vor allem das richtige Einräumen und Versorgen, denn auf den Schotterpisten wirbelt’s alles noch genug durcheinander. Jedes Ding an seinen Ort, damit man es auch immer findet. Kommen wir in ein Dorf mit einem Café oder einer Bar gibt’s mal Rast für einen Morgenkaffee, der kostet hier ja 2x nichts – vielleicht kurz Früchte oder Gemüse einkaufen, Milch und Brot und weiter geht’s. Am Nachmittag gibt’s eine Zvierirast und am Abend kochen wir uns etwas Feines.
Wir wollen nicht einfach Kilometer fressen, sondern auch noch was von der Umgebung sehen, deshalb planen wir wo möglich etwas Abwechslung ein (wo örtlich möglich). Wir nehmen uns genügend Zeit und bleiben auch mal 3-4 Tage am gleichen Ort.